Darabos über die Kosten des Bundesheereinsatzes an der Ostgrenze: "Ich bin über diese Debatte ein bisschen erzürnt. Der Einsatz kostet 12 Millionen im Jahr - das wird das Heer nicht umbringen."

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Standard: Was wird aus den Eurofightern, wenn sich die Korruptionsvorwürfe im Fall des Rüstungslobbyisten Alfons Mensdorff-Pouilly bestätigen?

Darabos:Was-wäre-wenn-Fragen beantworte ich nur ungern. Jetzt ist die Justiz am Zug. Ich hoffe, dass die Ermittlungen nicht abgebrochen werden.

Standard: Der Grüne Peter Pilz wittert die Chance auf Ausstieg aus dem Abfangjäger-Vertrag. Und Sie?

Darabos: Der Herr Pilz hat ja schon öfter geglaubt, den rauchenden Colt gefunden zu haben. Noch einmal: Die Justiz ermittelt und wird - hoffentlich - zu einem Ergebnis kommen. Dann werde ich die Sache beurteilen.

Standard: Nicht nur die OECD stellte fest, dass Österreichs Jugend immer dicker wird, auch bei der Stellung fallen viele Burschen durch, weil sie übergewichtig sind. Höchste Zeit, als Verteidigungs- und Sportminister da einzuschreiten?

Darabos: Der Vorwurf der Fettleibigkeit an mich als Verteidigungsminister geht jedenfalls ins Leere! Denn wir sind jene Institution, die feststellt, dass 6,5 Prozent der 17 bis 18-jährigen Männer, die zur Musterung kommen, über hundert Kilo haben. Vor zehn Jahren waren es nur drei Prozent.

Standard: Braucht es an den Schulen mehr Turnstunden?

Darabos: Der derzeitige Turnunterricht reicht aus meiner Sicht nicht aus. Daher würde ich mir vom Unterrichtsressort ein Bekenntnis zu einer täglichen Turnstunde wünschen. Für Initiativen wie "Kinder gesund bewegen" nehmen wir aber heuer zwei Millionen in die Hand, 2000 Schulen und Kindergärten haben sich angemeldet. Außerdem wissen wir, dass 60 Prozent der Bevölkerung gar keinen Sport betreiben - 300.000 Euro geben wir daher für das Projekt "60:40" aus, um diesen Anteil ins Gegenteil zu verkehren.

Standard: Für Rekruten haben Sie ja schon eine Stunde Sport pro Tag eingeführt. Zeigt das schon Erfolg?

Darabos: Definitiv. Untersuchungen zeigen, dass die Präsenzdiener im Laufe des Grundwehrdienstes fitter werden.

Standard: Wie viel Sport betreiben Sie eigentlich?

Darabos:Ich spiele Tischtennis, Tennis, Fußball. Dazu geh ich in der Früh laufen.

Standard: Wie erklären Sie sich den weiblichen Anteil beim Militär von zwei Prozent? Sind Frauen noch unsportlicher als Männer?

Darabos:Nein, aber das Heer ist nach wie vor eine Männerdomäne. Deswegen bemühen wir uns auch, den Frauenanteil zu steigern. Aber keinesfalls mit peinlichen, dümmlichen Werbespots ...

Standard: Die Beschwerdekommission hat eine Reihe Beschimpfungen an Soldatinnen aufgelistet. Werden Frauen beim Heer systematisch vergrault?

Darabos: Keinesfalls. In der Truppe wird oft ein rauerer Ton gepflegt. Manchmal ist er im Militär auch notwendig, er darf aber nicht beleidigend, verletzend sein. Das wird sukzessive abgestellt. Seit ich Verteidigungsminister bin, ist etwa nicht mehr vorgesehen, dass Grundwehrdiener, die bei einem Marsch zusammenbrechen, zum Weitergehen aufgefordert werden. Da ist medizinische Versorgung vorgesehen. Falls sich herausstellt, dass jemand simuliert, gibt es ja disziplinäre Maßnahmen.

Standard: Schon eine Idee für einen neuen Bundesheer-Spot?

Darabos: Obwohl ich mir jetzt alle Spots vorlegen lasse, muss ich gestehen: Nein.

Standard: Zum schmalen Heeresbudget:Sie sind der erste Verteidigungsminister, der sich damit zufriedengab. Jetzt zerbröseln die Kasernen, jeder zweite Kampfpanzer ist nicht einsatzbereit. Brauchen Sie nicht doch mehr Geld?

Darabos: Ich bin nicht glücklich mit dem Budget, bin aber Realist. Und mir jetzt alle Probleme der Kasernen anzulasten wäre kurzsichtig: Diese Situation besteht seit 1955 und wurde von zackigen Ministern wie Robert Lichal nicht gelöst. Ich habe in den letzten drei Jahren 311 Millionen in die Kasernen investiert. Ein Problem sind die Personalkosten von über 50 Prozent des Budgets. Das gehe ich vehement an: Wir sind hier in der Zentralstelle von 1200 auf unter 900 heruntergefahren und werden in den nächsten Jahren von 24.000 Beschäftigten im Verwaltungsbereich auf 22.500 reduzieren. Ich weiß nicht, ob das ein anderes Ministerium im Lichte der Verwaltungsreform so umgesetzt hat.

Standard: Werden Sie im Herbst ein höheres Budget von Finanzminister Josef Pröll (ÖVP)verlangen?

Darabos: Ja, ich werde mehr verlangen müssen. Bei einem Defizit von 5,5 Prozent wird das eine beinharte Auseinandersetzung. Alle Ressorts wissen, dass es ein Budget mit Blut und Tränen wird. Wenn es ein Konjunkturpaket gibt, möchte ich, dass man auch Infrastrukturmaßnahmen des Heeres darin aufnimmt.

Standard: Die Soldaten an der Ostgrenze haben im Vorjahr neun illegale Einwanderer aufgegriffen. Schon einmal erwogen, nach der Burgenland-Wahl den Aufmarsch aus Kostengründen abzublasen?

Darabos: Ich bin über diese Debatte ein bisschen erzürnt. Nicht weil ich Burgenländer bin, sondern weil sie falsch läuft: Es geht nach dem Wegfall der Schengen-Grenze nicht mehr darum, illegale Grenzgänger aufzuhalten. Sondern darum, mit der Polizei Sicherheit zu schaffen. Der Einsatz kostet 12 Millionen - das wird das Heer nicht umbringen.

Standard: Auf der Wiener Kärntner Straße gibt es mehr Verbrechen als im burgenländischen Grenzgebiet.

Darabos: Ich bin dagegen, dort Soldaten patrouillieren zu lassen. In der Bundeshauptstadt ist das nicht notwendig.

Standard: Zivildiener, die die Gewissensklausel unterschreiben müssen, dürfen 15 Jahre lang nicht Polizist werden. Ist das zeitgemäß?

Darabos: Ich bin dagegen, dass die Gewissensklausel abgeschafft wird. Über die 15 Jahre Waffenverbot kann man aber diskutieren.

Standard: Die Koalition streitet wegen der Kasernierungspläne von Innenministerin Maria Fekter (ÖVP), die Asylwerber fünf Tage lang internieren will. Unter welchen Bedingungen würde die SPÖ dem Ansinnen doch zustimmen?

Darabos:Das ist schon wieder eine Frage im Konjunktiv. Fakt ist: Den derzeitigen Gesetzestext lehnen wir ab. Es gibt das verfassungsmäßig garantierte Recht auf persönliche Freiheit. Wenn man alle Asylwerber ohne Grund einsperrt, widerspricht das der Verfassung. (Conrad Seidl und Nina Weißensteiner, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 11.02.2010)