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Verletzter Fuß (Sprunggelenk) von Fabio Cannavaro bei einer Pressekonferenz in Baden

Foto: AP/Alessandra Tarantino
Mit Zahlen lässt sich die Leistung von Profifußballern am einfachsten beschreiben: Pro Match leistet ein Spieler zirka zwölf Kilometer Laufarbeit, wobei schnelle Tempo- und Richtungswechsel auf unsicherem Gelände für Fußballerbeine die größte Herausforderung darstellen. Ganz allgemein ist ein Spieler rund 80-mal jährlich am Platz.

Erhöhte Verletzungsgefahr

Im Gegensatz zum Training kommt im Spiel selbst der Kontakt mit dem Gegner dazu - dadurch steigt die Verletzungsgefahr noch einmal rapide an. Konkret ist sie im Wettkampf vierzehnmal so hoch wie im Training. "Die Verletzungsmuster sind immer dieselben, Sprunggelenkstraumata stehen nach wie vor ungeschlagen an der Spitze", sagt Karl-Heinz Kristen, Facharzt für Sportorthopädie und orthopädische Chirurgie am Wiener Fußzentrum und seit 2006 auch Vizepräsident der internationalen Gesellschaft für Orthopädie-Traumatologie und Sportmedizin (GOTS).

Vorzeitiges Karriereende

Nicht ohne Grund hat die Verletzung deshalb auch den Namen "Fußballerknöchel" - "soccer's ankle" im Englischen - bekommen. Sie ist ein sportspezifisches Phänomen. Das Problem sind die Knochen im oberen Sprunggelenk, die - weil chronisch überlastet - allmählich zu wuchern beginnen. Waden- und Schienbein bilden die Gabel und bilden gemeinsam mit dem Sprungbein ein Scharnier. Die Bildung von Knochenvorsprüngen ist der Versuch des Gelenks, den permanent hohen Auflagedruck zu reduzieren, indem auch die Auflagefläche vergrößert wird. Dieser schlägt allerdings fehl, im Gegenteil, die Beweglichkeit im Knöchel nimmt zusehends ab.

Nicht selten endet dadurch die Karriere eines Spitzensportlers. "Die Hauptursache sind kleine Hämatome, die allmählich verknöchern", erklärt Ernst Orthner, Unfallchirurg und Leiter des Welser Fußzentrums, und macht sowohl die Stoppeln des Gegners als auch die Schusstechnik über den Fußrist für die zahlreichen Blutergüsse verantwortlich.

Schuhprobleme

Apropos Schuhstoppeln. Modernes Fußballerschuhwerk ist leicht und flexibel. Mehr Dynamik im Spiel und eine bessere Ballkontrolle sind damit angeblich garantiert. Zum Teil geht das aber wohl auch auf Kosten der Stabilität, denn akute Bandläsionen nehmen tendenziell eher zu. "Der Sportler überknöchelt über den Außenfußrand, und die äußeren Sprunggelenksbänder reißen schlagartig ab", erklärt Kristen, bleibt hier aber eher gelassen.

Bänderverletzungen: keine Bagatelle

Grundsätzlich heilt die Verletzung nämlich von allein, nur bei den Spitzensportlern ist wieder ein verstärkter Trend zu Operationen zu verzeichnen. Bagatellen sind Bänderverletzungen aber nicht. "Sechs Wochen nach einem Außenbandriss kann zwar fast jeder Athlet wieder spielen, 40 Prozent sind aber trotzdem noch nicht beschwerdefrei", weiß Orthner und wähnt häufig eine Verletzung der Syndesmose dahinter. Diese Bandstruktur zwischen Waden- und Schienbein stabilisiert im Normalfall die Sprunggelenksgabel. Wenn sie reißt, dann wird das gern übersehen. "Immer dort, wo es wehtut, liegt auch das Problem", weiß Orthner. Der diagnostische Vorteil, den Sprunggelenke bieten: Alle Strukturen liegen knapp unter der Haut.

"Die Fußballschuhe der Fußballer sind oft eine halbe Nummer zu klein", erzählt Orthner, ehemals als Vereinsarzt für den Bundesligaclub LASK tätig. "Je enger der Schuh, desto besser der Kontakt zum Ball", betont er. Auch das bleibt nicht ganz ohne Folgen, wie blutunterlaufene Nägel, Hammerzehen und Arthrosen in den Großzehengrundgelenken (Hallux rigidus) beweisen.

Weiter, weiter ...

Das alles klingt schmerzhaft. Fußballern ist das aber oft egal. Die meisten beschäftigt eine einzige Frage: Kann ich auch mit einer akuten Verletzung zurück aufs Feld? "Ist der Schmerz mit Eis unterdrückbar, und kann der Sportler nach zwei, drei Minuten den Fuß wieder voll belasten, darf er weiterspielen", sagt Orthner - nur ein Knochenbruch bedeutet das Aus. (Regina Philipp, DER STANDARD, Printausgabe, 16.6.2008)