Manipulation? "Ich zwinkere." Dagmar Koller schaut "Musical! Die Show" im ORF.

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Ab Freitag messen sich zehn Talente im ORF-Spektakel "Musical! Die Show!". Dagmar Koller freut sich schon sehr darauf. Doris Priesching erzählte sie vom tiefen Fall danach, von möglichen Manipulationen und warum sie bei neuen Musicals nicht mitpfeift.

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STANDARD: Eine Musical-Show ohne Dagmar Koller. Wie gibt's das?

Koller: Man hat mich nicht gefragt. Aber warum auch? Das ist schon ein Generationsproblem. Diese Musical-Sendung wird ganz bestimmt was Aufregendes. Ich freue mich darauf, zu sehen, wie sich die jungen Leute schlagen. Und dann kommen auch all die Erinnerung hoch, wie hart dieser Beruf ist.

STANDARD: Ist Musical-Sängerin ein Traumberuf? <> Koller: Für mich schon. Als ich 1966 in der Carnegie Hall auftrat, spürte ich, dass ich durch mein Spiel und mein Aussehen Erfolg hatte. Nicht durch den Sopran. Ich war sehr kritisch mit mir. Das kam durch meine Erziehung. Meine Mutter hat mir immer die Callas vorgehalten. Der Tanz ist mein Leben, aber ich habe auch da früh gemerkt, dass ich nicht Solotänzerin werden kann.

STANDARD: Können die Talente später auf der Bühne bestehen?

Koller: Nein. Das wäre zu schnell. Im Fernsehen kann man technisch einiges steuern, so dass der Gesang gut klingen wird. Wenn Sie eine Kandidatin alleine auf die Bühne stellen und sie das "Evita"-Lied singen lassen, wird's heiße Luft sein.

STANDARD: Was erwartet die Talente danach?

Koller: Sie werden sicher nicht gleich Engagements kriegen. Aber sie werden ein Jahr Star sein, und man wird mit ihnen Abende organisieren. Es gibt ja genug Agenturen, damit kann man dann von Amstetten bis Villach die Hallen füllen.

STANDARD: Wird man den Sieger in drei Jahren noch kennen?

Koller: Nein. Schauen Sie sich "Starmania" an, bis auf die großartige Stürmer sind alle weg vom Fenster. Die Tragik ist der Fall danach. Da gibt es in Deutschland einen ... Silberkübel, oder wie heißt der?

STANDARD: Daniel Küblböck ...

Koller: Der tiefe Fall. Mir tut das sehr weh, denn wer einmal Bühnenluft geschnuppert hat, kommt sehr schwer davon wieder weg.

STANDARD: Ist der Beruf heute härter als früher?

Koller: Bestimmt. Die Musicals, bei denen die Darsteller Mikrofone direkt vor dem Mund haben: Das ist leichter, aber dafür werden sie auch nur noch nach Typ und Timbre ausgesucht. Früher gab es nicht so ein großes Angebot. Ute Lemper zum Beispiel hat sich entwickelt, obwohl sie nie eine große Stimme hatte. Und sie ist eine hervorragende Tänzerin und starke Persönlichkeit.

STANDARD: Wie gefallen Ihnen die Musicals heute?

Koller: Ich finde, die klingen alle gleich. Ich bin in den letzten Jahren von keinem nach Hause gegangen, bei dem ich die Melodie mitgepfiffen hätte. "Wake up", "Barbarella" oder "Die Vampire". Umgekehrt war ich bei "Rebecca" von der Bühnenshow begeistert. Wo wollen Sie da jemanden von den "Musical"-Stars einsetzen?

STANDARD: Was raten Sie den Kandidaten, um zu gewinnen?

Koller: Sie müssen einen ungeheuren Fleiß aufbringen. Da hilft ihnen natürlich auch wie die Kamera sie aufnimmt. Wenn die Kamera einen Kandidaten ungünstig aufnimmt, fällt er bei der ersten Runde durch.

STANDARD: Das birgt die Möglichkeit der Manipulation in sich. Findet sie statt?

Koller: Nein! Ich zwinkere - ganz ehrlich: Ich weiß es nicht. Aber ich bin mir völlig sicher, dass der Choreograph schon bei den ersten Probestunden spürt, wer wirklich Talent hat. (Doris Priesching/DER STANDARD; Printausgabe, 23.11.2007)