Wien – „Wir sind die totalen Loser“: Alice Pitzinger-Ryba, 45, fünf Kinder, hat die Nase voll: „Die mittleren Generationen müssen für alles aufkommen: Sie soll die Jungen großziehen, die Alten erhalten und darf dann mit 75 in Pension gehen.“ Pitzinger-Ryba, Chefin des ÖVP-nahen Familienbundes, hält die jüngste Pensionserhöhung deshalb für ungerecht: „Wir zahlen alles und werden niemals ernten.“
Am Dienstag rangen die Seniorenvertreter der rot-schwarzen Regierung einen Rentenzuschlag von bis zu 2,9 Prozent ab – und fachten damit einen Generationenkonflikt an. Von einem „Anschlag“ auf die Jungen spricht der Sozialwissenschaftler Theodor Tomandl, der Bund der Steuerzahler meint: „Man sägt hier am Generationvertrag.“
Eine „Schieflage zugunsten der Älteren“ erkennt der ÖVP-Abgeordnete und Wirtschaftskämmerer Reinhold Mitterlehner: „Politik orientiert sich oft kurzfristig. Da hat der Druck der Pensionistenvertreter eben Erfolg.“ Standard-Recherchen belegen: Leistungen, die Jungen und Erwerbstätigen zugutekommen, werden im Gegensatz zu den Renten oft jahrelang nicht aufgefettet.
Gleichzeitig kommen auf die Senioren neue Belastungen zu. Die Erhöhung des Krankenversicherungsbeitrages um 0,15 Prozent bringt dem Staat laut Kanzleramt 40 Millionen Euro. Womit sich die Pensionisten einen Teil des 100 Millionen teuren Zuschlags über die ursprünglich festgelegten 1,7 Prozent hinaus selbst bezahlen würden. Außerdem frisst die Steuer mit, womit Rentner über 1000 Euro Netto nur ein Plus von 1,2 erhalten.
Ein Mindestrentner bekommt netto 2o Euro monatlich drauf, 746 statt bisher 726 Euro. Was immer noch unter der von der EU definierten Armutsschwelle von 900 Euro liegt. „Wir haben keine Pensionserhöhung für Experten gemacht“, kontert Kanzler Alfred Gusenbauer (SPÖ) die Kritik von Tomandl und Co.
Die Familienlobbyistin Pitzinger-Ryba fordert indes Waffengleichheit mit den schlagkräftigen Oldies, die mit dem Pensionistenpreisindex, der die besonders hohe Teuerung von Rentnerprodukten beweisen soll, hausieren gehen: „Wir wollen einen eigenen Preisindex für Familien.“ (Gerald John/DER STANDARD, Printausgabe, 15.11.2007)