Serviert Kindern nichts mehr: Dieter Hein.

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Kraiburg/St. Wolfgang – Warmes Licht, gemütliche Nischen, aufwändige Dekoration. Dieter Hein hat sich bei der Gestaltung seiner "Hacienda" in Kraiburg am Inn, unweit der Grenze zu Österreich, sehr bemüht. Aber wirkliche Freude verspürte der Wirt an seinem Lokal nicht. Buntstiftspuren auf weißem Tischtuch, Fußabdrücke auf dem Sofa, sogar gut gefüllte Pampers fand Hein unter den Tischen. Also beschloss er: Da viele Eltern ihren Nachwuchs nicht im Zaum haben, isst in meinem Restaurant kein Kind mehr, das jünger als zwölf Jahre ist.

"Seither stehe ich ziemlich unter Druck", sagt Hein zum Standard. Die Empörung ist groß und beschäftigt schon die bayerische Regierung. Familienministerin Christa Stewens (CSU) spricht von einem "besonders traurigen Beispiel für strukturelle Familienfeindlichkeit in Deutschland" und mahnt: "Kinder sind keine kleinen Monster." Petra Jackl, Vorsitzende des Elternbeirats der Kraiburger Schule, spricht von einer "pauschalen Diskriminierung". So etwas habe es in der Geschichte schon häufig gegeben, und "es war immer ein Irrtum". Auch der bayerische Gaststättenverband warnt vor Diskriminierung und dass diese Anzeigen nach sich ziehen könnte.

"Kein Kinderhasser"

Für den Rheinländer Hein ist dennoch klar: "Ich ziehe das jetzt weiterhin durch, sage aber auch: Ich bin kein Kinderhasser." Schließlich habe er selbst vier. Mut macht ihm der Zuspruch vieler seiner Gäste, aber auch ein Blick in die Kasse: Seit er keine unter Zwölfjährigen mehr bewirtet, ist der Umsatz gestiegen. Hein: "Es kommen neue Gäste, sie bleiben länger und konsumieren dabei mehr. Viele von ihnen haben auch Kinder und lassen sie an dem Abend zuhause."

Ähnliche Erfahrungen hat Roland Ballner, der Chef des Hotels "Cortisen" im oberösterreichischen St. Wolfgang gemacht. Sein Haus ist seit 1. Mai 2006 "No-Go-Area" für Kinder. "Die Aufregung damals war groß", sagt Ballner zum Standard, "dabei ist das Konzept gar nicht mir eingefallen. Das gibt es auf der ganzen Welt, ich selbst habe es in der Karibik kennengelernt."

Im Hintergrund läutet in diesem Moment ein zweites Telefon. Ballner meldet sich, schweigt kurz und fragt dann: "Sind Sie der Wirt aus Bayern?" Er ist es. Ein wenig mulmig ist Hein nämlich schon bei all dem Rummel, den er "überhaupt nicht erwartet" hat. Also will er sich bei Ballner ein paar Tipps holen und Erfahrungen austauschen.

Sorge macht Hein vor allem der Vorwurf der Diskriminierung. Aber da kann ihn Ballner beruhigen: "Das wurde auch mir vorgeworfen, aber mein Anwalt sagte mir: Es gibt Diskriminierung wegen Hautfarbe oder Religion, einen Tatbestand Diskriminierung aufgrund des Alters gibt es aber nicht." Seit der Kinderverbannung blickt Hotelier Ballner auf erfolgreiche Saisonen: "Ich hatte ein Plus von 20 Prozent. Es kommen übrigens viele 30- bis 40-jährige Eltern zum Ausspannen, die ihre Kinder bei der Oma lassen." (Birgit Baumann/DER STANDARD, Printausgabe, 16.10.2007)