Österreich ist im Korruptions-Ranking der weltweiten NGO "Transparency International" signifikant schlechter geworden. Eine Folge der Bankenskandale und der Eurofighter-Affäre, vermuten die Unbestechlichen und fordern Gesetze gegen die Freunderlwirtschaft.

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Wien – Ein "Rückfall als Folge der virulenten Causen in den vergangenen Jahren" – nach Ansicht der weltweit agierenden NGO "International Transparency" (TI) haben Bankenskandale und Eurofighter-Affäre Österreichs Ansehen in Bezug auf Bestechung und Freunderlwirtschaft im öffentlichen Dienst nachhaltig geschädigt. Und zwar unabhängig davon, ob konkrete Verfehlungen festgestellt wurden oder nicht. Im jüngsten Korruptions-Ranking von TI ist Österreich von Platz elf auf den 15. Rang abgesackt.

Das heißt: Befragte Manager und Unternehmensberater haben den Eindruck, dass Korruption in der Alpenrepublik deutlich zugenommen hat. Insgesamt rangiert Österreich zwar immer noch unter den "Guten" der 180 untersuchten Staaten. Doch gerade in diesem Bereich ist ein Zurückfallen besonders heikel. "Ähnlich stark ist das Vertrauen in Bhutan, Papua-Neuguinea und Laos gesunken", erklärte der frühere Rechnungshofpräsident und nunmehrige Präsident des heimischen TI-Beirates Franz Fiedler.

Erlaubte Grauzone

Für den Politikwissenschafter Hubert Sickinger, ebenfalls im TI-Beirat, kommt Österreichs Rückfall nicht von ungefähr: "Was international längst als Korruption im öffentlichen Dienst gilt, ist hierzulande immer noch erlaubte Grauzone." Als Beispiel nannte Sickinger private Parteienfinanzierung. "International ist die Europarat-Vorgabe, Parteispenden ab 5000 Euro offen zu legen, längst verwirklicht. In Österreich sind die Summen immer noch ein Geheimnis", kritisierte Sickinger.

Das Gegenteil von transparent sei häufig auch der Umgang mit Steuergeldern für Öffentlichkeitsarbeit von Parteien. Schon vor Jahren habe der Rechnungshof bemängelt, dass Gelder in Wahrheit häufig in die Propaganda für Parteien oder einzelne Politiker flössen, erinnerte Fiedler. Eine gesetzliche Regelung für klare Verhältnisse gebe es aber immer noch nicht. Das Gleiche gelte für die Vergabe von Aufträgen durch die öffentliche Hand.

Fiedler: "Wir sprechen hier von einem jährlichen Gesamtvolumen von 26 Milliarden Euro." TI fordert sowohl eine Rotation von Entscheidungsträgern als auch die Zerschlagung von Bietermonopolen. "Das kann so weit gehen, dass unseriöse Bieter auf bestimmte Zeit gesperrt werden", so Fiedler.

Dass nordeuropäische Staaten seit Jahren im TI-Korruptionswahrnehmungsindex immer am besten abschneiden, ist für Sickinger keine Überraschung: "Dort gibt es eine lange Tradition von Transparenz im öffentlichen Dienst. Jeder Bürger kann zum Beispiel jederzeit in öffentlichen Listen nachschauen, was ein Politiker verdient." Auch Journalisten hätten mehr Rechte, wenn es beispielsweise um die Einsicht in Verwaltungsverfahren gehe. "Vieles davon fällt bei uns unter Amtsgeheimnis", so Sickinger.

Ausdrücklich begrüßt TI eine Reihe von gesetzlichen Initiativen gegen Korruption. Wie der Standard berichtete, plant Justizministerin Maria Berger (SP), in Wien eine Sonderstaatsanwaltschaft zu schaffen, die sich ausschließlich um Korruption kümmern soll. Das Besondere: Dieses Team soll nicht weisungsgebunden ans Ministerium sein. Die ÖVP hat dem Gesetzesentwurf bisher nicht zugestimmt.

Was Fiedler besonders wurmt, ist die "vorsorgliche Vorteilsgewährung". Oder anders ausgedrückt: Ein Firma oder Einzelpersonen lässt Beamten über Jahre Geschenke zukommen, um, wenn es darauf ankommt, eine gewogene Entscheidung zu erhalten. In der Jägersprache nennt man das "anfüttern". Bisher war es nur strafbar, wenn im Gegenzug für eine konkrete Amtshandlung Geschenke die Besitzer gewechselt haben. Aber auch hier ist eine Gesetzesänderung geplant, die auch für Regierungsmitglieder gelten soll.

Nach der Definition von TI ist Korruption der Missbrauch von anvertrauter Macht zum privaten Vorteil. Das Wort Korruption stammt von dem lateinischen Wort "corrumpere" und bedeutet verderben oder vernichten. Bestechung, aber auch Freunderlwirtschaft sind schwer aufzudecken, da es sich immer um ein "zweiseitiges Delikt" handelt, wie Fiedler feststellt. Abhilfe könnte eine Kronzeugenregelung bringen, die entweder dem Geber oder dem Nehmer, wenn er sich freiwillig stelle, Straffreiheit zusichere. (Michael Simoner, DER STANDARD - Printausgabe, 27. September 2007)