Wien - Obwohl sich auch innerhalb der ÖVP die Stimmen für eine Abschaffung der Zuverdienstgrenze beim Kindergeld mehren, will Familienministerin Andrea Kdolsky daran festhalten. "Es gibt ein Regierungsprogramm und einen Vorstandsbeschluss der ÖVP, in dem die Zuverdienstgrenze fixiert wurde", sagte Kdolskys Sprecher Jürgen Beilein am Samstag der APA. Allerdings könne sich die Ministerin die weitere Anhebung der Einkommensgrenze vorstellen, wenn die ab 2008 geplanten 16.200 Euro jährlich nicht ausreichen sollten.

Gibt vorerst nichts zu ändern

Ziel Kdolskys ist es demnach, dass die Zuverdienstgrenze den Frauen eine Reduktion der Arbeitszeit auf 20 Stunden pro Woche erlaubt. Sollten die 16.200 Euro dafür zu niedrig angesetzt sein, "dann wird man es entsprechend anheben", betont Beilein. Aber an der Zuverdienstgrenze selbst gebe es vorerst nichts zu ändern - über Höhe und andere Details könne man nach Ende der Begutachtungsfrist für die Kindergeld-Reform sprechen. Die Begutachtung läuft bis nächsten Freitag.

Erste Klagen gegen Rückforderungsbescheide eingebracht

Zuletzt hatten sich fünf ÖVP-Landesorganisationen für die Abschaffung der Zuverdienstgrenze beim Kindergeld ausgesprochen (Salzburg, Steiermark, Kärnten, Niederösterreich, Wien), die burgenländische ÖVP forderte entgegen der Parteilinie eine Generalamnestie für Eltern, die die Zuverdienstgrenze überschritten haben. Nach Angaben des Familienministeriums haben die Gebietskrankenkassen bisher 255 Rückforderungsbescheide wegen Verstoß gegen die Zuverdienstgrenze verschickt. Die ersten Klagen dagegen wurden bereits eingebracht.

Voves: Kindergeld-Härtefall-Regelung aus Landesmitteln möglich

Im Streit um die Kindergeld-Zuverdienstgrenze fordert auch der steirische Landeshauptmann Franz Voves eine Lösung nach Vorbild der Pflege-Amnestie. Sein Vorschlag: Auf Rückforderungen verzichten, aber für die Zukunft klarstellen, dass die ab 2008 auf 16.200 Euro erhöhte Zuverdienstgrenze tatsächlich kontrolliert wird. "Ich kann die Haltung der ÖVP nicht verstehen", kritisiert Voves das Nein der Volkspartei zu einer Amnestie.

"Wenn ein ehemaliger Sozialminister und seine Nachfolgerin der Meinung waren, das ist nicht zu exekutieren, dann darf man diese Sache nicht am Rücken der Betroffenen austragen", verweist Voves auf die Ankündigung von Ex-Sozialminister Herbert Haupt, die Zuverdienstgrenze nicht zu kontrollieren. Sollte der Bund keine eigene Härtefall-Regelung schaffen, will Voves mit Landesmitteln einspringen: "Für Härtefälle, das wissen wir auf Grund der Fallzahlen genau, würden wir sicher eine Lösung finden."

Opposition fordert Aus für Zuverdienstgrenze

In ungewohnter Einigkeit haben Grüne, FPÖ und BZÖ am Samstag die Streichung der Zuverdienstgrenze beim Kindergeld gefordert. "Auch ein Regierungsprogramm ist nicht in Stein gemeißelt und auch die ÖVP darf klüger werden", appellierte die Grüne Familiensprecherin Sabine Mandak an Familienministerin Andrea Kdolsky. Sie forderte außerdem die Umstellung vom pauschalen Kindergeld (436 Euro pro Monat) auf ein einkommensabhängiges Karenzgeld, damit "endlich mehr Männer in Karenz gehen".

FPÖ: "Absurde Blockadepolitik aufgeben"

FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache forderte Kdolsky per Aussendung auf, "endlich ihre absurde Blockadepolitik in Sachen Zuverdienstgrenze aufzugeben". Die Zuverdienstgrenze gehöre ersatzlos gestrichen. Es sei schließlich nicht Aufgabe des Kinderbetreuungsgeldes, Frauen und Männer zu einem bestimmten Verhalten zu veranlassen, sondern ihnen die Wahlfreiheit zu geben, ihre Kinder entweder selbst zu betreuen oder betreuen zu lassen, so Strache.

BZÖ: Molterer soll Kdolsky abrufen

"Es ist unfassbar, mit welcher apodiktischen Sturheit Familienministerin Kdolsky an einem sozialpolitischen Irrweg festhält", kritisierte auch BZÖ-Generalsekretär Gerald Grosz. Er forderte Vizekanzler Wilhelm Molterer indirekt auf, Kdolsky abzuberufen. (APA)