Milica Stojkov, 57, lebt im 15. Wiener Gemeindebezirk von einer Mindestpension

Foto:derStandard.at

Milica Stojkov ist 57 Jahre alt. Vor 34 Jahren verließ sie ihre Heimat in der Vojvodina (Serbien), um hier beim Gartenamt der Stadt Wien, als Küchenhilfe im Hotel und in der Gebäudereinigung zu arbeiten. Wegen einer schweren Herzkrankheit, Diabetes und Gelenksbeschwerden ist Stojkov arbeitsunfähig.

 

 

* * *

 

derStandard.at: Warum sind Sie damals nach Österreich gekommen?

Stojkov: Um hier Arbeit zu finden. Und wegen meinem Ex-Mann.

derStandard.at: Was waren Ihre ersten Eindrücke von Österreich?

Stojkov: Die ersten Worte, die ich in der Arbeit gehört habe, waren: "Du Tschusch, geh zu Tito." Schön war das nicht.

derStandard.at: Warum sind Sie hier geblieben?

Stojkov: Eigentlich bin ich hier "hängen geblieben".

derStandard.at: Wo fühlen Sie sich heute zu Hause?

Stojkov: In Wien. Dort, wo ich herkomme, habe ich niemanden mehr.

derStandard.at: Halten Sie noch Kontakt zu Ihrer Familie und Freunden in Ihrem alten Zuhause?

Stojkov: Ich habe zu fast niemandem mehr Kontakt. Meine Geschwister und ich waren Waisen und sind in verschiedenen Familien aufgewachsen, wir waren nie besonders eng. Und meine Tochter ist vor ein paar Jahren verstorben. Hier lebe ich allein. Einmal in der Woche gehe ich zum Handarbeitstreffen mit anderen Frauen. Das ist jetzt meine Familie.

derStandard.at: Wo wollen Sie begraben werden?

Stojkov: Früher hätte ich gesagt: in meinem Vaterland. Heute sage ich: in Wien. Seit meine Tochter in Serbien gestorben ist, gehe ich nicht mehr über die Grenze, das würde mir das Herz brechen.

derStandard.at: Was sollte sich in Österreich ändern?

Stojkov: Die jungen Menschen sollten sich ändern. Wenn ich auf der Straße gehe, beleidigen sie mich und rufen mir Schimpfworte nach. Wenn ich am Jugendheim vorbei muss, gehe ich auf die andere Straßenseite, weil ich mich unsicher fühle. (Maria Sterkl, derStandard.at, 5.7.2007)