"Offensichtlich ist der Sommer schon früher ausgebrochen, E-Voting ist ein typisches Sommerthema, ohne ernsthaften Hintergrund", sagt Datenschutz-Experte Zeger zur aktuellen Diskussionen über die elektronische Stimmenabgabe.

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"Gerade in der Zielgruppe der Jungen werden Urlaubsbuchungen, Bankgeschäfte und Weihnachtsgeschenkeinkäufe über das Internet vorgenommen", gibt Silvia Fuhrmann als Argument für die Einführung der elektronischen Stimmenabgabe an. Die Obfrau der Jungen Volkspartei setzt sich für E-Voting ein und meint im Gespräch mit derStandard.at, dass durch die Möglichkeiten, die die elektronische Stimmenabgabe - neben dem herkömmlichen Wahlrecht - mit sich bringt, mehr junge BürgerInnen vom Wahlrecht Gebrauch machen würden.

Und sie ist nicht die einzige PolitikerIn, die elektronisches Wählen befürwortet. E-Voting ist zwar nicht Teil des am Dienstag im Nationalrat zum Beschluss vorliegenden Wahlrechtspakets, trotzdem wird darüber schon heftig diskutiert. Wissenschaftsminister Johannes Hahn kann sich zum Beispiel vorstellen, E-Voting bei der nächsten ÖH-Wahl einzusetzen, und Innenminister Günther Platter kündigte an, dass E-Voting generell schon bald möglich sein werde.

Sehr skeptisch zeigte sich hingegen VfGh-Präsident Karl Korinek, der vor der elektronischen Stimmenabgabe warnt: "Es beunruhigt mich, wenn ich an die Möglichkeiten des E-Voting denke", sagte Korinek vergangene Woche, "und dann wird man vielleicht noch den Providern auftragen, die Stimmen ein halbes Jahr lang zu speichern." Und auch Van der Bellen ist nur eingeschränkt dafür. E-Voting soll möglich sein "solange die Grundprinzipien des freien geheimen Wählens gewährleistet werden können", sagt der Bundessprecher der Grünen.

"Geheimhaltung und gleichzeitig Kontrolle" unmöglich

Datenschutz-Experte Hans Zeger teilt die Ansichten Korineks und muss Alexander Van der Bellen enttäuschen. Denn Zeger äußert im Gespräch mit derStandard.at Bedenken über eine mögliche Einführung des E-Votings: "Es gibt kein System, es ist auch vom Grundsatz denkunmöglich, dass beiden Anforderungen, nämlich Geheimhaltung und gleichzeitig auch Kontrolle, wer gewählt hat, entsprochen wird." Damit spielt er auf den Widerspruch, der mit E-Voting Hand in Hand geht, an. Einerseits soll die Stimmabgabe geheim sein, andererseits soll kontrollierbar sein, von wem die Stimme abgegeben wurde.

Elektronisches Voting sei deshalb für Gemeinderatswahlen oder Nationalratswahlen "nicht möglich", so Zeger. EDV sei zudem immer manipulierbar: "Software ist nicht in dem Ausmaß überschaubar" sagt er und vergleicht die Software mit einer Kiste, die "irgendwo abgestellt wird und jeder Wahlbeobachter kann das Kistl aufheben und darum herum schauen und feststellen, ob das Kistl ein Loch hat oder nicht." Deshalb sei E-Voting strikt abzulehnen.

Auf E-Voting-Projekte im Ausland angesprochen nennt Zeger "extrem schlechte" Erfahrungen, die in den USA gemacht wurden. Auch in Europa kenne er keinen Fall, wo E-Voting bereits in einem größeren Ausmaß bei einer Wahl verwendet wurde. Möglicherweise gebe es aber Projekte, wo es den Personen freigestellt wird, ob sie elektronisch wählen oder nicht: "Es gibt Leute, die soetwas machen, denen es egal ist."

"Viele dumme EDV-Projekte"

Auf aktuelle Diskussionen zum Thema E-Voting angesprochen meint Hans Zeger schlicht: "Ich bin schon sehr alt und habe schon sehr viele dumme EDV-Projekte erlebt. Offensichtlich ist der Sommer schon früher ausgebrochen, E-Voting ist ein typisches Sommerthema, ohne ernsthaften Hintergrund." (rwh/derStandard.at, 4.6.2007)