Im derStandard.at-Interview (von links nach rechts): Emanuel Rudas (Bass, Keys), Jürgen Bauer (Drums, Percussion), Alexandre Fedorenko (Guitar, Vocals), Vincent Wohinz (Guitar, Vocals).

Foto: Alain Asso

(Pate Records / edel) 2007

Tipps
Donnerstag (19.4., 22:25 Uhr, ORF1) sind Plexus Solaire gemeinsam mit den Scissor Sistors Gäste in der 'Sendung ohne Namen'.

Live
12. Mai 2007
RocknRoses mit Petsch Moser
Judenburg
23. Juni
FM4-Bühne, Donauinselfest, Wien

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Nachlese
Kein Kopfweh am Solar Plexus (Lieblingsplatte Jänner 2005)
Peur de la vie?

Foto: Alain Asso
Wien - Was bereits vor Erscheinen angekündigt wurde, wird nun eingelöst. "Sans détour", das neue Album von Plexus Solaire, wird abermals Lieblingsplatte. Und selbst die Gründe dazu bleiben die gleichen: Charmesprühender Chanson-Rock (ja das gibt es!) mit Gitarre, Schlagzeug Bass, bei der die Leute freudestrahlend zu mitunter traurigen Texten mitsingen und ihre Knie tanzend der Melodie ergeben. Zwischen dem dramatischen Rassure-Toi und der Ballade Mensonges permis unternehmen wir ohne Umwege romantische Ausflüge zu den bretonischen Schwalben ( Les hirondelles ), fallen in prächtiger Laune in hundstrümmerlvolle, deppenwache und mit liebestollen Frauen dekorierte Städte ein ( La ville est pleine ), oder verlieren uns handtrompetend im herrlich energetischen Perdu .

Für das Reinkippen auf Plexus Solaire ist ein gewisser Hang zur Melancholie, abgemischt mit Lebensfreude besonders zuträglich. Eine musikalische Mischung, die neugierig macht auf die Gesichter und Geschichten dahinter. derStandard.at traf das in Wien lebende Quartett daher zum Interview, bei dem Plexus Solaire - oft singend - verriet, wie unglücklich glücklich man sein kann, welche Rolle das Publikum beim Songschreiben hat und dass man Griechischen Wein zumindest ordentlich runterdreschen muss.

derStandard.at: Wie sieht eigentlich das typische Plexus Solaire-'Savoir vivre' aus, das ihr in den letzten Jahren unter die Wiener gebracht habt?

Alexandre Fedorenko: Wenn wir als Band spielen – wir sind ja mehr Live- als Studioband – dann ist das 'Savoir vivre' jenes, dass wir eine gute Stimmung erzeugen wollen, bei der sich die Leute gut fühlen und wir auch. Und es heißt, dass wir auch vor, während und nach dem Konzert Spaß haben wollen.

Vincent Wohinz: Stimmiger finde ich heute den Begriff 'Party à la francaise', aus dem man dann 'Party à la Plexus Solaire' machen könnte. Das Leben, Vollgas geben...

Alexandre: ...und aufs Letzte gehen.

derStandard.at: Sans détour - "Ohne Umwege"- heißt das neue Album. Was hat sich seit dem letzten Album Par terre - Par rêve (Automat 2005) verändert?

Jürgen Bauer: Ein grundsätzlicher Unterschied zu Par terre - Par rêve ist, dass wir uns beim aktuellen Album mehr als Einheit präsentiert haben. Früher war die Trennung zwischen Songs von Vincent oder Alex viel präsenter, jetzt klingt es wirklich wie 'Plexus Solaire'.

Emanuel Rudas: Ursprünglich sollte das Album ja "Ego" heißen...(lacht)

Alexandre: Vincent bringt seine Songs, ich bringe meine, aber die Arrangements entstehen zusammen. Wir singen jetzt sehr oft und immer mehr gemeinsam und das bringt mehr Einheit.

Emanuel: Es ist eine gemeinsame Atmosphäre, die auf euren Ideen aufbaut. Wir haben viele Songs, die noch nicht fertig waren, live gespielt, um zu schauen, wie wir damit klar kommen und was man daraus entwickeln kann.

Vincent: Manchmal haben wir noch gar keine Texte gehabt. Die spontanen Texte waren sehr gut, ich hätte mitschneiden sollen...

derStandard.at: Malheureux beschreibt im Refrain den Zustand des Unglücklichseins über das Zufriedensein. Wie ist der Song eigentlich entstanden?

Vincent: Der Song begleitet mich schon sehr lange. Gleichzeitig ist er auch der Grund warum wir zusammen spielen. Ich hab ihn Alexandre im Stadtpark vorgespielt. Wir hatten zwar schon vorher mal miteinander geprobt, aber er hat mich für ein Arschloch gehalten.

Alexandre: Ich hatte eine Mundharmonika in der Tasche und ich hab dann im Park einfach mitgespielt.

Vincent: Das Lied hat einen Wienerischen und Pariserischen Flair. Hier genauso wie da können die Leute manchmal sehr unfreundlich sein, wollen aber eigentlich lieben. Und in diesem Fall ist es jemand, der sich nicht verlieben kann, will...

derStandard.at: Und ist "zufrieden" denn nun eigentlich genug?

Vincent: 'être content' heißt ja auch 'glücklich sein'. Ich bin also so unglücklich, unglücklich, glücklich zu sein.

derStandard.at: Auch Appelle moi ist irgendwie ein Liebeslied, ein selbstironisches über jemanden, der sich nach etwas sehnt, was sicher nicht mehr kommen wird. Oder ist es mehr ein tieftrauriges Lied, Alexandre?

Alexandre: Nein, es ist ein zerrissenes Lied. Appelle moi: Ruf mich an, wenn du dort bist! Ruf mich an! Was man heute mit diesen Dingern, (deutet auf das nächstliegende Handy am Tisch) von denen jeder eines oder sogar zwei hat, so sagt. Es geht um diese schnelle Kommunikation, die eigentlich nicht viel bringt.

Emanuel: Kurz noch zu Malheureux: Ein echter Hammer bei dem Song ist, dass die Leute bei den Konzerten mitwippen, einen fetten Grinser im Gesicht haben und "Malheureux, malheureux" singen. Alle singen, schunkeln und lachen, dass sie unglücklich sind und das finde ich total faszinierend.

Jürgen: Ja, das ist so wie bei Beck I am a loser, baby... (singt)

derStandard.at: Emanuel ist ja erst später zur Band gekommen. Ausschlaggebend für ihn war wohl das für einen Bassisten ungewöhnliche Bewegungstalent?

Vincent: Nein, dass haben wir zunächst gar nicht gewusst. Wir hatten vor dem ersten gemeinsamen Konzert im WUK noch die Angst, dass er sich vor Angst in die Hosen scheißt. Aber dann - Ich war ja früher statischer noch als Oasis-Sänger Liam Gallagher und hab immer nur auf den Boden geguckt - bemerkte ich, dass Emanuel Alexandre bühnenpräsenz-technisch echte Konkurrenz macht.

Emanuel: (sein Tanzen abtuend) Das ist ja nur Spielfreude. Ich mach die Party ja nicht für die Leute vor der Bühne, sondern beweg mich nur song-adäquat.

derStandard.at: Sans détour wurde zwar gerade erst (30.3.) veröffentlicht, aber ich bin sicher ihr arbeitet schon an neuen Songs. Verrratet ein bisschen!

Alexandre: Ich habe ein paar gute, rockige Sachen. Es wird Gas gegeben, obwohl ich auch eine schöne Ballade geschrieben habe.

Vincent: Meine Songs werden leichter und weniger schwermütig.

derStandard.at: Es klang mehrmals an, dass du ein strenger Kritiker bist, Jürgen?

Jürgen: Ich hab nur einmal einen Song von Vincent nicht gewollt, weil er mich zu sehr an Udo Jürgens erinnert hat. Und ich konnte einfach nicht über diesen Song drübersteigen.

derStandard.at: Jürgens hat in der STANDARD-Serie "Blind Date" gesagt "Das Metallische gibt mir nichts". War zu wenig Metall drin?

Jürgen: Ja, so kann man es sagen. Der Song hat mich bis Griechenland verfolgt und ist mir so auf die Nerven gegangen ...

Alexandre:(singt...) My Lady d'Arbanville nananana... – Das Lied hatte auch was von dem schrecklichen Cat Stevens-Song...

Vincent: Das ist eher ein Psycho-Song, der muss richtig – Tarantino-mäßig - runtergedroschen werden.

derStandard.at: Wollt ihr abschließend noch etwas zur Ehrenrettung von Udo Jürgens und Cat Stevens beisteuern?

Vincent: Ich mag ja Udo Jürgens und Schlager und Schnulzen und die fesche Michelle, die aufgehört hat und die wunderbare Übertragung vom Grandprix de la Chanson d'Eurovision und Cat Stevens hat eh alles gegeben was er kann... Aber Jürgen kann dir zu Griechischer Wein eine Lebensgeschichte erzählen. Gesagt hat er damals: "Das klingt wie Griechischer Wein – den Scheißdreck spiel ich nicht".

Jürgen: Wir werden den Song spielen!

Vincent: ...nein nie wieder...ich will gar nicht...

Jürgen: ...du wolltest ihn gedroschen haben...

Vincent: ...Ja.

Jürgen: ...ich bin gespannt wie der Song klingt, wenn man ihn drischt und ob man das überhaupt kann. Aber wir werden ihn dreschen.

Vincent: ...wie in Pulp Fiction...

Jürgen: oder ich nehm Glocken...so wie in (singt wieder) A Glockn, die 24 Stunden leit...

Vincent: ...es muss nicht diese Nummer sein...

derStandard.at: Keine Fragen mehr. Seid ihr glücklich mit dem Interview?

Emanuel: Fragen wir es mit Pulp Fiction ... "Bist du glücklich Vince?" (Interview: kafe)