ÖGB-Sekretär Richard Leutner

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Wien - Der angebliche Fachkräftemangel in Österreich sei "reine Fiktion" von Wirtschafts- und Arbeitsminister Martin Bartenstein, so der Leitende Sekretär im ÖGB, Richard Leutner, am Montag. Bartenstein kapriziere sich "nun bereits zum wiederholten Male auf die Öffnung des heimischen Arbeitsmarktes für ausländische Fachkräfte, obwohl er wissen müsste, dass es nur einen Bruchteil an offenen Stellen für Arbeit suchende Österreicher gibt", so Leutner.

Den 800 von Bartenstein gewünschten ausländischen Fachkräften im Metall verarbeitenden Bereich seien im Jänner 2007 rund 8.400 arbeitslos gemeldete heimische Fachkräfte gegenüber gestanden, so Leutner. Es zeige sich ganz deutlich, dass der angebliche Fachkräftemangel mit heimischem Personal besetzt werden könne. Es stelle sich daher die Frage, was der Minister mit seinem Vorstoß bezwecke und ob nicht eigentlich ganz andere Absichten dahinter stecken - etwa eine frühzeitigere Öffnung des Arbeitsmarktes statt der bis 2011 geltenden Übergangsfrist. Wenn es tatsächlich einen so gravierenden Fachkräftemangel gäbe, würde sich das auch auf das Lohnniveau auswirken, wovon aber nichts zu bemerken sei.

Wichtig sei, dass Qualifizierungsmaßnahmen für Arbeitslose erhöht werden sollten. Es könne nicht sein, dass Österreich einen eventuellen zukünftigen Fachkräftemangel mit billigeren ausländischen Arbeitskräften bekämpft. Zuerst müssen die Möglichkeiten im Inland ausgeschöpft werden.

Wirtschaftskammer: "Mangel ist akut"

"Verwunderung" lösten Leutners Aussagen am Montag in der Wirtschaftskammer (WKÖ) aus. Der Leiter der Abteilung für Sozialpolitik in der WKÖ, Martin Gleitsmann, reagierte mit der Aussage, dass bei Schweißern, Drehern und Fräsern "ein deutlicher Überhang an offenen Stellen" bestehe.

Die Arbeitgeberseite habe jedenfalls immer die Meinung vertreten, dass der Bedarf an Fachkräften vorrangig über am österreichischen Arbeitsmarkt verfügbare Arbeitskräfte abgedeckt werden sollte, so Gleitsmann. "Um den akuten Bedarf an Fachkräften zu stillen und auch weiterhin die hervorragende Entwicklung der österreichischen Wirtschaft zu gewährleisten, bedarf es neben maßgeschneiderten Qualifizierungsmaßnahmen des AMS für österreichische Arbeitslose eben entsprechender zusätzlicher Erleichterungen im Ausländerbeschäftigungsrecht", so Gleitsmann in einer Aussendung. Er verweist weiters auf eine Umfrage von des Instituts Market, wonach sich für zwei Drittel der Betriebe "die Suche nach qualifizierten Arbeitskräften im Inland schwierig gestaltet".

Facharbeiter aus Osteuropa

Wie berichtet, wird die Sperre des österreichischen Arbeitsmarktes für Arbeitnehmer aus den neuen EU-Staaten gelockert. Ab kommenden April werden österreichische Unternehmen Facharbeiter, die bei uns fehlen, aus Osteuropa holen können. So soll der Arbeitsmarkt für Schweißer, Dreher und Fräser aufgemacht werden. "Weil in diesen drei Berufsbildern etwa 1.500 offene Stellen da sind", so Bartenstein am Sonntag in der "ZiB1", sollen dafür Beschäftigungsbewilligungen im Ausmaß von 60 Prozent zur Verfügung stehen. Wenn für eine offene Stelle kein Österreicher zur Verfügung steht, gibt es vorerst eine Beschäftigungsbewilligung für sechs Monate. Diese kann dann um weitere sechs Monate verlängert werden. Ist ein EU-Ausländer ein Jahr in Österreich beschäftigt, kann er sich ohne Einschränkung am heimischen Arbeitsmarkt bewegen. (APA)