Bures gegen Einmischung der Kirche.
Foto: Der Standard/Matthias Cremer

Wien - Erst habe sie sich "nur" geärgert, sagt Frauenministerin Doris Bures (SPÖ) zum Standard. Dann sei sie in die Lugner-City gefahren, habe vergeblich die "Abtreibungsklinik" im Shoppingcenter gesucht, dann die Exkommunikationsfantasien des Salzburger Weihbischofs Laun vernommen, und nun sei sie überzeugt: "Diese Debatte ist endgültig ins Skurrile abgerutscht."

Die Frauenministerin stellt sich im Wirbel um die Eröffnung des sexualmedizinischen Zentrums "VenusMed" im Ärztezentrum der Wiener Lugner-City jedenfalls auf die Seite Richard Lugners, der den Betreibern die Räumlichkeiten vermietet hatte. Bures: "Ich bin für jede Art von Hilfestellung für Frauen in Notsituationen, egal, ob sie nun in öffentlichen Spitälern oder in niederschwelligen Einrichtungen wie jener in der Lugner-City stattfinden." "VenusMed" sei eine jener Einrichtungen, zu der Frauen sehr direkten Zugang finden könnten, und in der sie beraten werden und Hilfe bekommen.

Kirche hat Gesetze zur Kenntnis zu nehmen

Dass Bischof Laun Vermieter Lugner mit der Exkommunikation bedrohte, sei "einfach lächerlich". Was Bures freilich gar nicht amüsiert ist die Tatsache, "dass sich hier einige hoch gestellte Kirchenherren offenbar in den Dienst radikaler Abtreibungsgegner stellen". Dass auch der Wiener Kardinal Erzbischof Christoph Schönborn den Baumeister "mahnte", sei "unnötig", kritisiert die Ministerin: "Ich appelliere an die Kirchenherren, in dieser Frage endlich liberaler zu werden." Zudem gebe es mit der Fristenlösung "seit Jahrzehnten geltende Gesetze, die auch die Kirche zur Kenntnis zu nehmen hat". Sie fordere die kirchlichen Würdenträger in diesem Punkt jedenfalls zu "mehr Zurückhaltung" auf. Sie könne sich des Eindrucks nicht erwehren, dass eine längst als beendet geglaubte Debatte "nach 35 Jahren immer noch künstlich am Brodeln gehalten wird". Sie spüre zudem, "dass es offenbar wieder die Tendenz ,Strafen statt Helfen' gebe.

Ihr gehe es aber nicht darum, sich mit katholischen Würdenträgern "anzulegen", sagte die Frauenministerin zum Standard. Im Gegenteil: "Es gibt kirchliche Initiativen, die ich sehr unterstütze, etwa den Vorschlag, einen Hilfsfonds für schwangere Frauen in Notsituationen einzurichten." Denn es sei ihr sehr daran gelegen, "dass sich keine Frau aus finanzieller Not dagegen entscheiden muss, ein Kind zu bekommen".

Dass die Zahl der Abtreibungen, trotz des leichteren Zugangs zu Verhütungsmitteln gegenüber den 70er-Jahren kaum gesunken sei, wie ÖVP-Familienministerin Andrea Kdolsky in den Salzburger Nachrichten meinte, will Bures so nicht unterschreiben: "Ich habe keine Zahlen darüber, ob das so ist, und ich will hier auch keine Motivforschung betreiben." Worin sie Kdolsky aber zustimme sei, "dass wir in Sachen Aufklärung noch mehr tun sollten, damit es bei ganz jungen Mädchen gar nicht erst zu ungewollten Schwangerschaften kommt". Bures: "Aufklärung kann nie schaden, selbst in vermeintlich so aufgeklärten Zeiten gibt es viele junge Menschen, die nicht genug über Empfängnisverhütung wissen." Die Frauenministerin will sich das allerdings "in Ruhe ansehen": "Ich werde mich nicht von radikalen Abtreibungsgegnern treiben lassen." Zudem sei die Entscheidung pro Schwangerschaftsabbruch "nicht primär eine Altersfrage".

Gleichsetzen von Shopping und Abtreibung

An der gesamten Aufregung störe sie empfindlich, "dass radikale Abtreibungsgegner so tun, als würden Frauen ganz nebenbei, nach dem Shopping, schnell ein Kind abtreiben". Weder befinde sich die "Abtreibungsklinik" direkt im Einkaufszentrum (die Räumlichkeiten sind lediglich im selben Gebäude, im Bürokomplex der Lugner-City) noch kenne sie "irgendeine Frau, die sich eine solche Entscheidung leicht machen würde". Durch das Gleichsetzen von "Shopping" und "Abtreiben" würden Notsituationen von Frauen "banalisiert" und die Frauen gleichzeitig kriminalisiert. Bures: "Das ist unseriöse Stimmungsmache."

Dass sich die "Aktion Leben" klar von den Demonstrationen vor der Lugner-City und den Aufrufen zum Einkaufsboykott abgegrenzt hat, lobt die Frauenministerin: "In diesem Punkt stimmen wir überein." (Petra Stuiber/DER STANDARD, Printausgabe 08.02.2007)