Ein Schloss der ÖBB in Linz, das Poschacher Schlössl, das einst zu einer Brauerei gehörte, erhitzt die Gemüter. Es soll verkauft werden - recht günstig.

Linz/Wien – Bei den ÖBB-Immobilienverkäufen geht es Schlag auf Schlag: Nach dem ehemaligen Direktionsgebäude in der Wiener Nordbahnstraße wechselt demnächst das "Poschacher Schlössl", eine Villa auf dem Gelände der ehemaligen Poschacher Brauerei in Linz, den Besitzer.

Käufer des aus zwei Grundstücken im Zentrum der oberösterreichischen Landeshauptstadt bestehenden Liegenschaftspakets ist die Stadtgemeinde Linz, erfuhr der STANDARD aus Linzer Rathauskreisen. Den Preis, den sie für die mehr als hundert Jahre alte Villa samt Liegenschaften bezahlen wird, bezeichnen Branchenkenner als wohlfeil: 650.000 Euro für das 7198 Quadratmeter große Grundstück samt Villa und weitere rund 100.000 Euro für das angrenzende zweite Objekt.

Verhandlungen "so gut wie abgeschlossen"

Johann Mayr, Finanzstadtrat (SPÖ) der Stadtgemeinde Linz, bestätigt, dass die Kaufverhandlungen "so gut wie abgeschlossen" sind; es sei "alles nur noch eine Frage der Finalisierung". Die Stadt weiß zwar noch immer nicht, was sie mit dem begehrten und "strategisch sehr wichtigen" Objekt tun will – in Diskussion war ein Kindergarten- und Wohnprojekt –, Mayr bestätigt dafür aber den Kaufpreis: 750.000 Euro.

Der scheint nicht rasend hoch zu sein, denn vor drei Jahren, also noch in der Ära von ÖBB-General Rüdiger vorm Walde, wurde der Bruttoerlös für den auch als Gabrielenhof bekannten Komplex auf 1,9 Millionen Euro geschätzt. Als Nettoerlös schwebte den Eisenbahnern damals immerhin noch 1,65 Millionen Euro vor.

Keine Stellungnahme zu Details

Die ÖBB wollten am Freitag zu Details keine Stellungnahme abgeben. Grundsätzlich aber würden alle Immobiliengeschäfte zum besten wirtschaftlichen Vorteil der ÖBB abgewickelt, sagte ÖBB-Sprecher Gary Pippan zum STANDARD.

Parlamentarier befürchten, dass ÖBB-Immobilien billig verkauft würden, um kurzfristige Erlöse zu lukrieren. Gabriela Moser von den Grünen forderte den neuen Infrastrukturminister Werner Faymann am Freitag auf zu verhindern, dass der Immobilienbesitz des Bundes zu billig verkauft werde. Der geplante Verkauf des Gründerzeitgebäudes in der Nordbahnstraße in Wien-Leopoldstadt an institutionelle Investoren rund um die zum Wlaschek-Imperium gehörende Ermione Immobilieninvest beta GmbH sollte gestoppt und untersucht werden. Detto der des Poschacher Schlössls.

SPÖ will Rechnungshof einschalten

Wie der STANDARD exklusiv berichtete (siehe "Nachlese"), soll das ehemalige Direktionsgebäude um "mindestens 10,59 Millionen Euro" veräußert werden, wobei die ÖBB versichern, dass der Kaufpreis höher sein werde, der Deal sei noch nicht fixiert. SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim kommt das ebenfalls zu billig vor, er will den Rechnungshof einschalten.

Misstrauen nähren auch andere Immobilienprojekte, an denen die ÖBB emsig arbeiten. Zum Beispiel die Bewertung des Nordbahnhofgeländes, ebenfalls im zweiten Wiener Gemeindebezirk. Britische Investoren hätten sich vor drei Jahren für die 650.000 Quadratmeter große Grundstücksfläche interessiert und deren Verkehrswert auf 300 bis 350 Millionen Euro taxiert. Der derzeitige Schätzwert für das Stadtentwicklungsgebiet, das gemeinsam mit Stadt Wien und Bauträgern erschlossen werden soll, betrage laut Informationen hochrangiger ÖBB-Funktionäre aber nur mehr rund 150 Millionen Euro.

Detail am Rande: Als Ex-Wiener Wohnbaustadtrat sollte sich Faymann bei Immobiliendeals gut auskennen. (Markus Rohrhofer, Luise Ungerboeck, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 13./14.1.2007)