Am Ende hat der künftige Bundeskanzler und SP-Chef Alfred Gusenbauer seine Partei doch noch mit einer unerwarteten "Damenwahl" überrascht: Auf die Bankerin Claudia Schmied als Bildungsministerin hätten die wenigsten getippt. Dass die langjährige Sozialsprecherin Heidrun Silhavy Staatssekretärin im Kanzleramt wird, kam auch unerwartet. Mit Justizministerin Maria Berger, Frauenministerin Doris Bures und Christa Kranzl als Staatssekretärin im Infrastrukturministerium hat Gusenbauer sein Versprechen, die Hälfte seine Kabinetts mit Frauen zu besetzen, tatsächlich umgesetzt.

Bei der Präsentation seines Teams streute Gusenbauer auch den darin vertretenen Männern Rosen: Werner Faymann sei als Infrastrukturminister unbestritten gewesen, Sozialminister Erwin Buchinger habe mit seinen Mitarbeitern Europas modernstes Konzept zur Armutsbekämpfung entwickelt, Christoph Matznetter werde das Korrektiv schlechthin zur Politik der ÖVP im Finanzministerium sein, und Norbert Darabos habe als Verteidigungsminister überhaupt "das große Los" gezogen.

Lautes Selbstlob

Mit dem Verhandlungsverlauf und der Ressortaufteilung war Gusenbauer einmal mehr ostentativ zufrieden. Insgesamt habe man "die Hälfte der Ressorts erobert", freute sich der künftige Kanzler ungeachtet der Tatsache, dass weniger für einen Wahlsieger kaum gegangen wäre. Auch die Kritik am Verzicht auf alle Schlüsselressorts ist für Gusenbauer nicht nachvollziehbar - was ein sogenanntes Schlüsselressort sei, hinge doch sehr von programmatischen Zielsetzungen ab: "Wenn man den Schlüssel zur Bildung will, braucht man das Bildungsressort, wenn man den Schlüssel zur Senkung der Arbeitslosigkeit will, braucht man das Infrastrukturministerium. Und wenn ich in ein Haus ohne oder mit Abfangjägern gehen will, brauche ich einen Minister, der sich der Sache annimmt."

Im Übrigen glaube er nicht, dass in vier Jahren irgendjemand fragen werde, wer welches Ministerium gehabt, sondern was man verändert habe, betonte Gusenbauer. Bereits jetzt habe die SPÖ die ÖVP gezwungen, ihre Politik zu ändern, auch wenn es Bereiche gebe, die man lieber anders gelöst hätte - etwa die Studiengebühren. Da allerdings sei die ÖVP nicht zu einem Verzicht zu bewegen gewesen. Dennoch glaubt Gusenbauer, dass sich die Situation der Studierenden verbessert habe: Die Stipendien werden ausgeweitet, und niemand sei mehr gezwungen, Studiengebühren zu zahlen. Das "freiwillige Engagement" für Schwächere befreit zahlungsunwilige Studenten nicht nur von den Gebühren, es wird, so Gusenbauers feste Überzeugung, Österreich auch "ein Stück" sozialer machen.

Kaum war die Nachricht von Gusenbauers Personalauswahl bekannt, begann sich das BZÖ auf "Glückspilz" Darabos einzuschießen. Als ehemaliger Zivildiener habe dieser einen Eid geleistet, den Dienst mit der Waffe nicht verantworten zu können, sagte sein Vor-Vorgänger in diesem Amt, Herbert Scheibner. Darabos solle dies noch vor der Angelobung als Minister klarstellen. "Ein Verteidigungsminister sollte zumindest den Grundwehrdienst geleistet haben", argumentierte Scheibner. Darabos werde künftig "Einsatzbefehle für einen Dienst geben, den er mit seinem Gewissen nicht vereinbaren kann", kritisierte der Ex-Minister. Scheibners Vorschlag: "Darabos gibt zu, dass er vor der Zivildienstkomission die Unwahrheit gesagt hat und sich nur drücken wollte."

Voves geht nicht ran

Ein Anruf von Gusenbauer verwandelte am Mittwoch eine Pressekonferenz des steirischen Landeshauptmannes Franz Voves und seiner SPÖ-Landesräte in der Grazer Burg in einen kabarettistischen Sketch. Einem war dabei aber gar nicht zum Lachen zu Mute: Franz Voves selbst. Er hatte gerade von den Medien die Zusammensetzung des roten Regierungsteams erfahren und setzte sich mit dem Regierungsprogramm auseinander: Mit "98 Prozent der 167 Seiten" des Koalitionsabkommens sei er durchaus zufrieden. Da wollte ihn sein Pressesprecher mit den Worten "Der Herr Bundeskanzler ist am Telefon" vom Tisch holen.

Voves konterte: "Der Herr Bundeskanzler will mich sprechen? Ist etwas spät." Den erstaunten Journalisten erklärte er: "Wissen Sie, es gibt Probleme mit der Kommunikationskultur." Als sein nervöser Mitarbeiter ein zweites Mal versuchte, Voves dazu zu bringen, das Telefonat anzunehmen, lehnte er wieder ab: "Des interessiert mi im Moment nicht." Wenig später, weiter das Gespräch abwehrend: "Des is mir wurscht. Es geht um den Stil." Genervt setzte er nach: "Ich werde jetzt offenbar informiert, dass keine Steirer im Regierungsteam sind."

Voves ließ dann seinem Ärger vor laufenden Kameras freien Lauf: Am 29. Dezember habe er der Parteispitze nicht nur "ministrable Steirer" vorgeschlagen, sondern man habe ihm auch versichert: "Die Studiengebühren sind weg, sonst gibt es keine große Koalition." Nun habe man in der steirischen SP bereits 40 Parteiaustritte zu verkraften, weitere 60 seien angekündigt: "Ich bin kein Weichei und ich war nie eins, aber so geht niemand mit mir um, nicht einmal der Papst, der im Herbst nach Österreich kommt". (cms, kob/DER STANDARD, Printausgabe, 11.01.2007)