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Zur Person

Hans-Christoph Von Sponeck arbeitete 32 Jahre für die Vereinten Nationen. Für das UN-Entwicklungsprogramm UNDP war er in Ghana, Pakistan, Botswana und Indien tätig. 1998 wurde er Leiter des Programms "Öl für Lebensmittel" im Irak. 17 Monate später trat er aus Protest gegen die Fortsetzung der Sanktionen von seinem Posten zurück.

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Von Sponeck während einer Pressekonferenz zu seinem Rücktritt mit einem Foto von einer irakischen Schule.

Foto: Reuters/ Morgan
Schlaining - Es war nicht nur das billigste UNO-Programm, das mit irakischem Geld bezahlt wurde, sondern auch das unzureichendste, so Hans-Christoph Von Sponeck, der das Programms "Oil for Food" 17 Monate lang leitete. Das 1996 gestartete Programm hat Ausnahmen vom Ölembargo festgelegt, welches wiederum die Vereinten Nationen nach der irakischen Invasion in Kuwait 1990 verhängt hatten. Die irakische Regierung durfte die Einnahmen aus den begrenzten Ölexporten nur zweckgebunden für humanitäre Bedürfnisse der Bevölkerung verwenden.

Bedürfnisse

Die Folgen des "Oil for Food"-Programms waren den 15 Mitgliedsstaaten im Sicherheitsrat bekannt, so der ehemalige Koordinator des Programms. In sechseinhalb Jahren seien den Irakern pro Kopf und Jahr 185 US-Dollar durch das Programm zugute gekommen. Das entspricht einem Betrag von 51 Cent am Tag, betont von Sponeck. Niemand könne behaupten, dass ein solches Programm menschlich sei. Selbst minimalen Bedürfnissen an Nahrungsmitteln, Medikamenten und Wasser sowie der Abwasserentsorgung oder Elektrizität könne es nicht gerecht werden. Jahrelange Bombardierungen in den Flugverbotszonen und die Kriegsdrohungen hat das Trauma und die menschliche Tragödie vergrößert, kritisiert Von Sponeck.

Falschinformationen

"Die Mitglieder des UN-Sicherheitsrates wussten von der Konfiszierung wichtiger humanitärer Güter. Man war darüber informiert, dass 18 Milliarden US-Dollar nach Genf geschickt wurden, um Firmen zu entschädigen, die durch die Invasion Iraks in Kuwait Verluste erlitten haben", stellt Sponeck fest. Obendrein seien die Medien manipuliert worden, indem man ihnen bewusst Falschinformationen zukommen ließ. Auf der anderen Seite habe Saddam Hussein die Politik des Leidens instrumentalisiert und übertrieben: "Das war kontraproduktiv, weil die humanitäre Situation deswegen nicht genauer durchleuchtet wurde".

Rechenschaft

Die UNO hat viele Informationen nicht weitergegeben, schildert Von Sponeck: "Berichte über die hohe Kindersterblichkeit, die schlechte Situation in Krankenhäusern und in Schulen wurden in New York nicht aufgenommen und debattiert." Zwei Menschenrechtsbeauftrage wurden entsandt, doch über Verstöße des Westens im Irak sei nie etwas zu hören gewesen. "War das nicht Einseitigkeit?", fragt der ehemalige UN-Beauftragte. Bis heute habe es gerade im UN-Sicherheitsrat keinen Versuch gegeben, diese Zeit aufzuarbeiten: "Man spricht immer davon, in die Zukunft zu schauen. Aber diejenigen, die diese Politik im Sicherheitsrat geführt haben, müssen zur Rechenschaft gezogen werden", fordert Von Sponeck.

Welche Lehren können daraus gezogen werden? Wenn es nach dem ehemaligen UN-Koordinator des "Öl für Lebensmittel"-Programms geht, sollten unter anderem Politiker zur Wahrheit verpflichtet werden: "Es muss rechtliche Möglichkeiten dafür geben, auch wenn es blauäugig klingt". (hag)