Bild nicht mehr verfügbar.

Pushen die Kosten eines Festivals in exorbitante Höhen: Topverdiener Metallica (im Bild: Robert Trujillo, Kirk Hammett).

Foto: AP

Folkert Koopmans, Chef des Festivalveranstalters SKP.

Foto: STANDARD
STANDARD: In Österreich ist die Zahl der großen Openair-Musikfestivals wieder zurückgegangen, das Aerodrome in Wiener Neustadt entschlief ja nach nur zwei Jahren wieder, die großen Festivals werden ausschließlich von Firmen veranstaltet, an denen Sie beteiligt sind. Sind es europaweit auch wieder weniger geworden?

Folkert Koopmans: In Österreich ist es eine spezielle Situation. Es hat sich der Markt bereinigt. Europaweit ist das Interesse an Openair-Festivals weiter steigend.

STANDARD: Womit hat das Ihrer Ansicht nach zu tun?

Koopmans: Ich glaube, es ist sehr trendy, das ganze Wochenende zum Festival zu gehen, mit dem ganzen Drum und Dran wie Camping.

STANDARD: Wie erklären Sie sich diesen Trend zu dieser Freizeitbeschäftigung?

Koopmans: In Deutschland erkläre ich ihn mir so, dass die Leute so für ein Wochenende ihre anderen alltäglichen Sorgen vergessen wollen.

STANDARD: Das hieße, dass die zuletzt flaue Konjunktur dem Festivalbusiness eigentlich geholfen hat?

Koopmans: Ja, das wäre eine Erklärung. Man sagt ja auch, dass es der Alkoholwirtschaft immer dann gut geht, wenn es um die Allgemeinwirtschaft schlecht steht.

STANDARD: Wie schlägt sich der Trend in Besucherzahlen um?

Koopmans: In den vergangenen drei Jahren kamen in Europa um zwanzig, dreißig Prozent mehr Leute. Festivals, die wir Ende Juni machen, hätten früher 35.000 Leute angezogen. Jetzt sind sie schon mit 60.000 ausverkauft. Die Nachfrage ist extrem. Ich hoffe, dass wir irgendwann eine englische Situation haben.

STANDARD: Was ist das Besondere am Geschäft in England?

Koopmans: Dort eröffnet man für Glastonbury, die V-Festivals oder die Festivals in Reading und Leads am 1. Februar den Vorverkauf, und eine Stunde später sind alle Karten weg - ohne dass irgendwer weiß, wer dort spielt.

STANDARD: Und in Österreich?

Koopmans: Wir haben den Breakeven für unsere vier Festivals zum heutigen Zeitpunkt natürlich noch nicht überschritten. Das wäre ein Traum, ist aber ungewöhnlich. Aber man muss berücksichtigen, dass vergleichbare deutsche Festivals viel länger schon existieren. Nova Rock wird aber gut den Breakeven schaffen, wir können schon mindestens 50.000 Leute erwarten.

STANDARD: Was bringt den österreichischen Festivals die Zusammenarbeit mit Ihnen?

Koopmans: Man hat viel mehr Informationen, man kann auch hie und da gemeinsam einkaufen.

STANDARD: Inwiefern werden die Konditionen besser?

Koopmans: Nicht im preislichen Bereich, es wird nicht unbedingt billiger. Aber wenn wir beispielsweise gemeinsam an zwei Wochenenden vier Openairs anbieten, hat das viel mehr Sinn, als in Österreich oder Skandinavien nur eines anzubieten.

STANDARD: Wie haben sich die Gagen der Künstler entwickelt?

Koopmans: Extrem. Ich würde sagen, in den vergangenen fünf Jahren sind sie auf jeden Fall zwischen 100 und 150 Prozent gestiegen. Das hat viel mit der größeren Nachfrage zu tun. Die Attraktivität eines Festivals erreichen Sie in den ersten Jahren aber nur mit großen Namen. In vielen Ländern war es aber auch die Euro-Umstellung, die die Eintrittspreise hochschießen hat lassen. Aber es sind auch die Kosten im Durchführungsbereich gestiegen - Stichworte: Sicherheit, mehr behördliche Auflagen. Das kostet entsprechend Geld und wird nicht mehr finanzierbar durch ein Openair, auf das nur 10.000 Leute kommen. Bei Nova Rock kommen dann noch die Kosten für Metallica allein dazu, die nicht gerade unerheblich sind.

STANDARD: Wer zählt im Alternative/Rock-Bereich außer Metallica zu den Topverdienern?

Koopmans: Depeche Mode ist auch gut dabei. Die Red Hot Chili Peppers kann man anführen. R.E.M., wenn sie unterwegs sind.

STANDARD: Wie viel nehmen die pro Auftritt?

Koopmans: Hohe sechsstellige Summen, teilweise geht es in siebenstellige Bereiche.

STANDARD: Wer sind aus Ihrer Sicht die europäischen Leitfestivals?

Koopmans: In Deutschland Rock am Ring/Rock im Park und Hurricane/Southside, in Dänemark Roskilde und dann die englischen Festivals.

STANDARD: Was entsteht in Osteuropa?

Koopmans: Außer dem Sziget in Budapest sehe ich heute noch nichts. Aber das kann in den nächsten zehn Jahren ganz anders werden. Allein Polen hat Potenzial für drei bis fünf große Festivals. Wir sind am Sondieren. Es ist noch ein Risiko - Zahlungsausfälle, Probleme bei der Genehmigung, Sprachen. Die Kunden wären schon da. Aber in Kroatien beispielsweise ist schon viel danebengegangen, dort ist man etwas verunsichert.

Zur Person : Folkert Koopmans gründete 1990 den Hamburger Konzertveranstalter FKP Scorpio. Das Unternehmen hat heute rund 35 Mitarbeiter. Die wichtigsten Veranstaltungen sind die Openair-Musikfestivals Hurricane (Niedersachsen) und Southside (Baden-Württemberg). FKP Scorpio hält auch Betiligungen von knapp einem Drittel an den österreichischen Marktführern Musicnet (Frequency Festival, Salzburg) und Nova Music (Nova Rock, Nickelsdorf; Nuke & Lovely Days, St. Pölten). Seit 2000 hält das deutsche börsenotierte Ticketingunternehmen CTS Eventim 50,2 Prozent an FKP Scorpio. Eventim ist auch am Konkurrenten Marek Lieberberg (Rock am Ring/Rock im Park) beteiligt. (Leo Szemeliker, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 15.5.2006)