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Bankchef Ewald Nowotny, Aufsichtsrat Günter Weninger und Vorstandsvize Stephan Koren (v.l.)

Foto: APA/Techt
Wien – Rund zehn Tage hat die Gewerkschaftsbank Bawag P.S.K. die Öffentlichkeit auf Informationen über ihre Verlustgeschäfte in der Karibik – eine Milliarde Euro – warten lassen, Freitagmittag wurde das Schweigen vor Journalisten gebrochen. Anwesend: der seit Jänner amtierende Bankchef Ewald Nowotny und sein Vize, Stefan Koren, sowie der Aufsichtsratspräsident der Bank, ÖGB-Finanzchef Günter Weninger. Was dieser zu berichten hatte, hat alle Spekulationen, Erwartungen und auch die ohnedies erhebliche Vorstellungskraft der Anwesenden übertroffen.

Die Bank hat 1995 bis 2000 wegen hochspekulativer Geschäfte, die laut Bawag von Wolfgang Flöttl (Sohn des Ex-Ex-Chefs der Bawag) durchgeführt wurden, eine Milliarde Euro verloren. Der gesamte Vorstand (damals unter Führung von Helmut Elsner) hat den Aufsichtsratspräsidenten Günter Weninger Ende 2000 informiert; Klagen gegen die Ex-Vorstände werden geprüft.

Niemanden informiert

Weninger hat daraufhin weder den Rest des Bank-Aufsichtsrats noch den Bawag-Miteigentümer (bis Sommer 2004 hat die Bayerische Landesbank 46 Prozent an der Bawag gehalten) noch die Bankenaufsicht informiert. Um "Abflüsse aus der Bank" und eine daraus folgende mögliche Insolvenz zu verhindern, hat der ÖGB – dessen Präsident Fritz Verzetnitsch war informiert – Garantien für die Schadenssumme abgegeben. Gehaftet hat sozusagen auch der ÖGB-Streikfonds – der Herzmuskel jeder Gewerkschaft.

All das erklärte ein sichtlich aufgelöster Weninger so: "Der Vorstand der Bank hat mich Ende 2000 von Verlusten in einer Höhe informiert, die die Erstellung der Bawag-Bilanz gefährdet hätten. In Abwägung aller Interessen habe ich beschlossen, diese Information für mich zu behalten, zumal der Vorstand zugesichert hat, mit Experten und Wirtschaftsprüfern eine Lösung zur Schadensbegrenzung zu finden." Warum er weder seinen Aufsichtsrat noch die Aufsicht informiert habe? Weninger: "Ich wollte die Gefahr einer Indiskretion verhindern." Sein Gedankengang: Wären die horrenden Verluste publik geworden, so "hätte das die Gefahr von Mittelabflüssen, den Verlust von Arbeitsplätzen und Vermögen des Eigentümers bedeutet."

"Nicht gut gefühlt"

Der ÖGB beschloss daher, "alle Mittel einzusetzen", um Schaden abzuwenden – also übernahm er Haftungen für den Verlust. Sichergestellt wurde "mit Gesellschaften des ÖGB und später auch der Privatstiftung" – in der sich neben Bawag-Anteilen eben auch der Streikfonds befindet.

Weninger auf die Frage, wie er sich dabei gefühlt habe, das Geld, aus dem im Ernstfall Streiks finanziert werden, zur Besicherung von bei hochriskanten Deals verzocktem Geld aufs Spiel zu setzen: "Nicht gut."

Trotz allem ist Weninger, der bei der am 6. April anstehenden Neubestellung des Aufsichtsrats nicht mehr zur Verfügung stehen wird, sicher, letztlich den richtigen Weg gewählt zu haben: "Es war richtig. Die Garantien sind aufgelöst, die Bank ist lebensfähig, die Bilanz sauber. Und die Bank hat kein Geld vom Eigentümer gebraucht."

Treu zum ÖGB

Allerdings hafte der ÖGB noch für 120 Mio. Euro, die aus seiner "möglicherweise nicht ganz werthaltigen Beteiligung am Casino Jericho" (Weninger) stammt. ÖGB-Finanzchef will Weninger übrigens bleiben, sagte er dem STANDARD: "Wenn man mich nicht abberuft, so bleibe ich."

Die Finanzmarktaufsicht (FMA) hat sich wieder eingeschaltet, "bis hin zur erneuten Vorortprüfung" sei alles drin, hieß es am Freitag (siehe Artikel Finanzaufsicht prüft wieder "vor Ort").

Die bayerischen Ex-Miteigner der Bank glaubten am Freitag übrigens ihren Ohren nicht zu trauen. Ein Ex-Kontrollor zum STANDARD: "Verluste in der Größenordnung kann ich mir gar nicht vorstellen. Da wird man schon sehr nachdenklich." (Renate Graber, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 25./26.3.2006)