Bagdad - Das US-Militär prüft nach eigener Darstellung neue Vorwürfe, wonach US-Soldaten in der vergangenen Woche eine elfköpfige irakische Familie erschossen haben sollen. Die irakische Polizei beschuldigte US-Soldaten unlängst, in der nördlich von Bagdad gelegenen Stadt Ishaki fünf Schulkinder, vier Frauen und zwei Männer erschossen zu haben. "Das war eindeutig und ohne jeden Zweifel ein Verbrechen", hatte der örtliche Polizei-Oberst Faruk Hussein gesagt. Eine Untersuchung der Toten habe ergeben, dass allen Opfern in den Kopf geschossen worden sei. Die Körper seien dann mit zusammengebundenen Händen in ein Haus gebracht worden, das später gesprengt wurde.

Untersuchung eingeleitet

Das US-Militär sprach in der vergangenen Woche lediglich von einem Zwischenfall mit vier Toten, darunter einem "Feind", zwei Frauen und einem Kind. Die US-Soldaten seien zuvor aus dem Haus heraus beschossen worden, als sie einen Verdächtigen hätten festnehmen wollen, erklärte die Armee. "Auf Grund der Widersprüche haben wir eine Untersuchung eingeleitet", sagte ein US-Militärsprecher in Bagdad nun am Dienstag.

Erst jüngst hatte das Magazin "Time" Augenzeugen eines anderen Vorfalls vom November mit den Worten zitiert, US-Soldaten hätten vorsätzlich mehrere Zivilisten getötet (derStandard.at berichtete). Dabei geht es konkret um die Frage, was am 19. November in der Stadt Haditha passiert ist.

Damals hatte die US-Armee mitgeteilt, 15 Zivilisten und ein Soldat seien durch eine am Straßenrand deponierte Bombe ums Leben gekommen. Vertreter des US-Militärs haben in Gesprächen mit der Nachrichtenagentur Reuters inzwischen aber eingeräumt, dass diese Darstellung falsch sei, da die 15 Zivilisten in Wahrheit erschossen worden seien. Zu diesen Vorgängen hatte das Militär in der vergangenen Woche eine Untersuchung eingeleitet.

"Time" hatte am Montag berichtet, die Soldaten seien wie von Sinnen gewesen, nachdem einer der ihren durch eine Bombe getötet worden sei. Das Magazin zitierte zudem Einwohner des Ortes, die erklärten, die US-Soldaten hätten die Zivilisten in deren Wohnhaus erschossen. Dabei wurde auch ein Mädchen zitiert, das nach eigenen Angaben Augenzeugin des Vorfalls war. "Ich habe gesehen, wie sie auf meinen Großvater geschossen haben. Erst in die Brust, dann in den Kopf", sagte die Neunjährige. "Dann haben sie meine Großmutter getötet."

Seit die US-Soldaten vor drei Jahren in den Irak einmarschiert sind, hat es wiederholt Vorwürfe gegeben, sie würden oft unschuldige Zivilisten töten. Dies hat zu einem tiefen Misstrauen vieler Iraker gegenüber den ausländischen Soldaten beigetragen. Zudem beklagen Einheimische, dass nur wenige Verfehlungen tatsächlich untersucht wurden und die Strafen dabei eher gering ausgefallen seien. (APA/Reuters)