Als die Bundeshymne bei Michaela Dorfmeisters Siegerehrung vergangene Woche durch Nebengeräusche unterging, ärgerte das den ORF sehr - so sehr, dass Sportchef Elmar Oberhauser offiziell gegen die "unwürdige" Behandlung der Sportler protestierte.

Als nach einem etwa 30-minütigen Interview mit Bundeskanzler Wolfgang Schüssel im "Olympiastudio" vergangenen Sonntag SPÖ und Grüne tags darauf unisono laut aufschrien, blieb die Anstalt angesichts dieser "Nebengeräusche" stoisch gelassen. Es gebe "keine Notwendigkeit für eine Stellungnahme", meinte ein Pressesprecher auf Anfrage.

Immer irrationaler

Immer irrationaler wird das Verhalten des ORF in diesen Winterspielen, bei denen eigentlich der Stolz auf die siegreichen heimischen Athleten in allen Punkten der Berichterstattung im Vordergrund hätte stehen und sich die Nation ungestört hätte feiern sollen.

Stattdessen legt sich im Zuge der Dopingaffäre die unrühmliche Allianz zwischen ORF und Österreichischem Skiverband (ÖSV) frei, die sich vielleicht stärker in der Berichterstattung niederschlägt, als so manchem lieb ist.

Eigenes Kapitel: Rechte an den Sportübertragungen

Ein eigenes Kapitel sind dabei die Rechte an den Sportübertragungen: Für zehn Jahre überlässt der ÖSV etwa dem ORF die Übertragungsrechte seiner Skirennen zum Spottpreis und versetzt die Konkurrenz ATV+ oder Premiere in Rage. "Problematisch und zweifelhaft" nennt etwa Premiere-Chef Georg Kofler diese ungewöhnlich dauerhafte Verbindung.

Im Gegenzug dafür liefert der ORF wohlwollende Berichte, manchmal darf's auch ein bisserl mehr sein: 2003 etwa mit einem Film, produziert von Hermann Maiers Manager, ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel, über Hermann Maier. Der ORF kaufte brav. Geben und Nehmen stehen auch im Mittelpunkt bei der TW 1-Connection: Vergangenen Oktober übernahm der ORF die 50 Prozent von Schröcksnadels Sitour-Gruppe: Ihr Wetterpanorama nimmt auch danach einen wesentlichen Bestandteil des Programms ein.

Mehr Interesse an barscher Razzia als an den Vorwürfen selbst

Bei der Dopingaffäre habe den ORF anfangs noch mehr die barsche Razzia der italienischen Carabinieri interessiert als die Vorwürfe selbst, wollen Kritiker beobachtet haben. Über unrühmliche österreichische Sportlerkarrieren pflege man am Küniglberg ohnehin großzügig hinwegzuschauen: Im ORF arbeiten sie als Komoderatoren, wie die aktuellen Beispiele Andreas Goldberger oder Hans Knauß zeigen.

Ob Oberhauser vor laufender Kamera seinen Redakteur tatsächlich mit Ärmelgezupfe an seine Pflichten erinnert hat, dem Kanzler genügend Raum einzuräumen (siehe TV-Tagebuch ) bleibt vorerst "redaktionsinternes" Geheimnis - und Elmar Oberhauser unerreichbar. (Doris Priesching, DER STANDARD; Printausgabe, 21.2.2006)