Rudas vs. Gudenus

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STANDARD: Die FPÖ setzt in ihrer Kommunikation auf deftige Sprüche in der Integrations-und Ausländerpolitik. Spricht das Jugendliche an?

Gudenus: Diese Themen kommen bei allen Schichten und Altersgruppen an, weil sie immer gravierender werden. An der Ausländerproblematik ist natürlich die Bundesregierung schuld, weil immer mehr Zuwanderung stattfindet. Aber auch die Stadt Wien trägt Mitschuld. Wenn die SPÖ in Wien Wahlwerbung auf Türkisch betreibt, zeigt das, dass viele Menschen zu früh eingebürgert wurden. Ich würde mir auch von anderen Parteien wünschen, dass sie nicht nur auf die Interessen der Ausländer schauen, sondern vor allem auf die der Inländer.

Rudas: Mit Sprüchen von vorgestern löst man weder Probleme von heute noch von morgen. Das sehen auch die Jugendlichen so. Menschenhetze und rückschrittliche Ansagen schaffen sicher keine Lehrstellen oder Arbeitsplätze für die Jugendlichen. Deine Partei nützt die Konflikte aus, weil ihr glaubt, damit politisches Kleingeld machen zu können. Wir wollen diese Probleme tatsächlich lösen.

Gudenus: Viele junge Leute haben Angst, dass sie in Zukunft keinen Arbeitsplatz haben werden. Es ist ein völliges Paradoxon in der SPÖ-Politik, einerseits für mehr Zuwanderung zu sein und andererseits für Vollbeschäftigung einzutreten. Wo sollen die Arbeitsplätze plötzlich herkommen, wenn wir jetzt schon Rekordarbeitslosigkeit haben und dann immer mehr Menschen zuwandern?

Rudas: Ich sage dir ganz klar, wie man Arbeitsplätze schafft: Durch die Steigerung von Kaufkraft, Investitionen in Ausbildung und Bildung und Konjunkturbelebung. Aber sicher nicht mit billiger Ausländerhetze.

STANDARD: Manche Diktionen der FPÖ - wie beispielsweise 'Kulturraum' oder 'Völker' - werden häufig als ewig gestrig bezeichnet. Kann man mit solchen Aussagen beim jungen Wähler punkten?

Gudenus: Der Begriff Volk ist nichts Ewiggestriges, sondern etwas sehr Aktuelles. Wir wollen ein Europa der Vielfalt und der Völker. Im Gegensatz zur SPÖ wollen wir kein Eintopf-Europa. Wir wollen ein Europa der Vaterländer. Rudas: Red du nur so weiter. Ganz Wien und vor allem die jungen Menschen lachen über euch.

STANDARD: Gibt es als Vertreter der Jugend in der Politik nicht auch gemeinsame Anliegen?

Rudas: Es scheitert schon im Ansatz. Im Gegensatz zur FPÖ geht es uns nicht um einen Kampf um die Jugend, sondern um einen Kampf für die Jugend. Die FPÖ hat null Lösungsvorschläge. Zwischen FPÖ und SPÖ gibt es einfach ein vollkommen unterschiedliches Verständnis von Politik. Wir suchen nach Lösungen, die FPÖ schürt Konflikte. Ein gemeinsames Thema ist die Wahlaltersenkung. Außer der ÖVP gibt es niemanden mehr, der ernsthaft gegen die Senkung des Wahlalters auf 16 Jahre auftritt.

Gudenus: Uns geht es weder um einen Kampf um noch für die Jugend. Uns geht es um Arbeit für die Jugend. Im Endeffekt wollen wir beide das Beste für die Jugend und unser Land. Das gestehst du uns wahrscheinlich nicht zu, aber ich gestehe dir zu, dass du aus deiner Sicht das Beste willst. Gut gemeint ist nicht immer gleich gut. Im Endeffekt sitzen wir im gleichen Boot.

Rudas: Wir sitzen nicht im gleichen Boot. Die Einigkeit würdest du dir vielleicht wünschen, sie besteht aber nicht. Deine Partei hat die höchste Jugendarbeitslosigkeit der Zweiten Republik mitverursacht.

STANDARD: Vergleicht man die jungen Parteifunktionäre von früher mit heutigen Jungpolitikern, hat man das Gefühl, dass Pragmatiker und Realisten die Revolutionären und Aufmüpfigen abgelöst haben.

Gudenus: Der RFJ hat immer klar Position bezogen...

Rudas: Mit der Forderung nach Kondomsteuer und Begriffen wie "Umvolkung".

Gudenus: Der RFJ ist beispielsweise innerhalb der FPÖ als Erster klar gegen den Beitritt der Türkei zur EU eingetreten. Wir haben damals schon gewusst, dass mit dem Türkei-Beitritt Europa geschwächt werden soll. Ich glaube nicht, dass wir uns nicht klar genug positionieren.

Rudas: Momentan ist es leider so, dass nicht die SPÖ in der Regierung sitzt, sondern die ÖVP und das BZÖ. Diese Parteien sind für die Rekord-Jugendarbeitslosigkeit verantwortlich und gehören deshalb scharf kritisiert. Ob ich jetzt als Revolutionärin oder als Angepasste bezeichnet werde, ist dabei nicht wichtig. Die Tatsache, dass momentan einer ganzen Generation ihre Jugend geraubt wird, finde ich viel schockierender. (DER STANDARD, Printausgabe, 7.2.2006)