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"Völlige Unabhängigkeit": Raiffeisen-General Erwin Hameseder zum Einstieg bei der "NÖN".

Foto: APA/ROLAND SCHLAGER
Mit 20 Prozent beteiligt sich die Raiffeisen-Holding am niederösterreichischen Pressehaus, um "niederösterreichische Interessen zu wahren". Kartellrechtlich könnte das problematisch werden.
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Die Raiffeisen-Holding Niederösterreich-Wien steigt mit 20 Prozent beim Wochenzeitungsverlag der "Niederösterreichischen Nachrichten" (NÖN) ein. "Zwei langjährige Partner werden künftig noch enger zusammenarbeiten", hieß es in einer Aussendung von Raiffeisen und niederösterreichischem Pressehaus.

Kartellrechtlich könnte der Zusammenschluss problematisch sein: Die Medien-Holding des Raiffeisen-Konzerns ist direkt und indirekt etwa an der Tageszeitung "Kurier", der News-Gruppe mit Magazinen wie "News", "profil" oder "tv-media" sowie an dem Privat-TV-Sender Sat.1 Österreich oder dem Privatradio Kronehit beteiligt.

Verdacht einer kartellrechtlich relevanten Koordinierung könnte entstehen

Eine Anmeldung als Zusammenschluss sei erst ab einer Beteiligung von 25 Prozent notwendig. "Bei 20 Prozent ist eine Anmeldung nur dann vorgeschrieben, wenn der neue Miteigentümer damit auch bestimmte Einflussrechte erwirbt", sagt Kartellrechtsexperte Raoul Hoffer von de Kanzlei Binder Grösswang. Wegen der anderen Medienbeteiligungen von Raiffeisen könnte allerdings der Verdacht einer kartellrechtlich relevanten Koordinierung entstehen. In diesem Fall müsste die Kartellbehörde von sich aus eine Überprüfung einleiten.

Raiffeisen-Manager Erwin Hameseder sieht das auf STANDARD-Anfrage naturgemäß anders: Die Beteiligung sei kein Problem, weil "wir nur 20 Prozent erworben haben." Die Raiffeisen habe keinerlei Mitbestimmungsrechte, die "völlige Unabhängigkeit und Entscheidungsfreiheit bleibt erhalten."

Antwort auf Fellner

Neben der Raiffeisen werden nunmehr 54 Prozent das römisch-katholische Bistum und 26 Prozent der Pressverein der Diözese St. Pölten halten.

Der Zusammenschluss ist als unmittelbare Antwort auf das für Herbst 2006 geplante Tageszeitungsprojekt der Fellner-Brüder zu verstehen. Es gehe vielmehr um die finanzielle Absicherung, betont auch Harald Knabl vom niederösterreichischen Pressehaus. Hameseder verweist auf die Kooperation der Styria mit dem schwedischen Gratiszeitungsverleger Schibsted: "Daher ist es gut, wenn sich zwei große Eigentümergruppen treffen, die ausschließlich niederösterreichische Interessen im Auge haben."

14 Millionen Euro wollen die Niederösterreicher in eine neue Druckmaschine stecken, die 2006 den Betrieb aufnehmen soll. "Wir wollten keine qualifizierte Minderheit, auch eine Mehrheit stand nicht zur Debatte. Es gibt einen Haupteigentümer, der das Sagen hat, das ist uns wichtig. Die Entscheidungsfreiheit des Unternehmens liegt zu 100 Prozent in Händen des Haupteigentümers", meint Hameseder. (DER STANDARD, Printausgabe, 26./27.11.2005)