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Luxemburg/Innsbruck/Wien – In seinem Schlussantrag plädierte Generalanwalt Ad Geelhoed am Freitag vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) dafür, die Fahrverbote zu untersagen, da die Beschränkungen mit den Verpflichtungen Österreichs nach den Vereinbarungen über den freien Warenverkehr innerhalb der Europäischen Union unvereinbar seien. Dies sei mit dem Binnenmarkt nicht vereinbar. Begründet wird der Antrag unter anderem mit der "unzulänglichen Vorbereitung, des Fehlens vorheriger Konsultationen mit den Mitgliedstaaten und der Kommission sowie der extrem kurzen Frist für die Einführung des Verbots". Dies ist eine ungewohnt herbe Kritik an den österreichischen Behörden und Institutionen. In vier von fünf Fällen nimmt diese Stellungnahme das Urteil vorweg. Verkehrsminister Hubert Gorbach (BZÖ) wies die Verantwortung für die Ablehnung der Tiroler Lkw-Fahrverbote durch den EuGH-Generalanwalt umgehend zurück. Gorbach habe als Verkehrsminister weder Eingriff auf die entsprechende Verordnung des Landes noch auf die österreichische Argumentationslinie vor dem EuGH gehabt, sagte sein Sprecher. Die Argumentation gegenüber dem EuGH obliege aber dem Verfassungsdienst im Bundeskanzleramt, hier habe Gorbach nicht operativ eingreifen können. Der Sprecher betonte, jeder Landeshauptmann habe nach dem Immissionsschutzgesetz Luft das Recht, bei der Überschreitung von Schadstoffgrenzen Gegenmaßnahmen zu ergreifen, die auch Fahrverbote einschließen würden.

Tirol nicht enttäuscht

Keineswegs enttäuscht hat die Tiroler Landesregierung auf die negativen Schlussanträge von Generalanwalt Geelhoed zum sektoralen Fahrverbot im Unterinntal reagiert. Landeshauptmann Herwig van Staa (VP) und Verkehrslandesrat Hannes Gschwentner (SP) sprechen in einer gemeinsamen Aussendung sogar von einem "Teilerfolg". "In keiner Zeile des umfassenden Papiers findet sich die Aussage, dass das sektorale Fahrverbot eine unzulässige Maßnahme sei", meint van Staa. Die Kritik Geelhoeds beziehe sich vor allem auf die zu rasche Einführung und die fehlende Absprache mit den Nachbarn. "Das sind behebbare Mängel", so Gschwentner zum Standard. "Wir konnten eine Meinungsumkehr in der Argumentation des EuGH erreichen", meint Gschwentner. Bei der ersten einstweiligen Verfügung vor zwei Jahren habe der EuGH mit dem Verdacht auf Diskriminierung von Nicht-Tiroler Frächtern argumentiert. Geelhoed hingegen sehe keine Diskriminierung gegeben. Tirol will, wenn nötig, ein modifiziertes Fahrverbot erlassen, das den Einwänden Rechnung trage, so Gschwentner. "Unverzüglich" sollte ein neues Verbot erlassen werden, fordert Transitforum-Obmann Fritz Gurgiser. Die Luftbelastung habe sich 2004 verschärft. Er verwies auf ein Gutachten des Verfassungsjuristen Heinz Mayer, der argumentiert, dass die Menschenrechtskonvention den Staat verpflichte, Gesundheitsgefährdungen abzuwehren. Von der Wirtschaftskammer Österreich wird das Ergebnis der Schlussanträge begrüßt. Das Verbot sei ein "populistischer Rundumschlag" gewesen: Güter, die nicht auf der Verbotsliste stehen, hätten demnach auch mit veralteten Euro- und Euro-1-Lkw befördert werden dürfen. Dieser "Schwindel" sei entlarvt worden, so Vize-Generalsekretär Reinhard Mitterlehner.

Nicht für alles gültig

Hinter dem sperrigen Begriff sektorales Fahrverbot verbirgt sich eine Verordnung, die das Land Tirol am 27. Mai 2003 erlassen hat. Demnach galt ab 1. August desselben Jahres auf dem etwa 46 Kilometer langen Teilstück der A12 zwischen Hall und Wörgl, dass Lkw mit über 7,5 Tonnen nicht fahren dürfen, wenn sie Abfälle, Getreide, Rundholz und Kork, Nichteisen- und Eisenerze, Steine, Erden, Aushub, Kraftfahrzeuge und Anhänger oder Baustahl transportieren. Das Land argumentierte die Einschränkung mit einer Überschreitung von Schadstoffgrenzwerten. (Alexandra Föderl-Schmid, Benedikt Sauer, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 15.07.2005)