Wenn jemand seinen Geburtsort dort angibt, "wo die Möll in die Drau mündet" (Möllbrücke in Kärnten), darf man eine gewisse Affinität zu Flüssen vermuten. Die Wasserleidenschaft des 36-jährigen Günther Unfer, Forschungsassistent am Institut für Hydrobiologie und Gewässermanagement der Wiener Uni für Bodenkultur, wurzelt tief: Das begann mit dem Vater, einem passionierten Fliegenfischer, und ging mit dem Volksschullehrer nahtlos weiter, der sich seine eigenen Deutschstunden gerne mit Fliegen-Binden vertrieb. Der wissenschaftlichen Karriere seines Schützlings hat es nicht geschadet. Im Gegenteil.

Nach dem Gymnasium ging Unfer nach Wien, um sein "Interesse akademisch zu bilden" und landete auf der Boku, wo er sich aus Landwirtschaft, Kulturtechnik, Landschaftsplanung und Biologie sein eigenes Studium "Angewandte Gewässerökologie" schneiderte. Als 1993 der neu errichtete Marchfeldkanal erstmals geflutet wurde, war Unfer im Rahmen eines großen Forschungsprojektes dabei, und über die nächsten zehn Jahre hat er diesen künstlichen Nebenarm der Donau intensiv beforscht. Daneben nahm und nimmt er an den anderen Projekten des Institutes teil und kennt alle größeren Fließgewässer östlich von Tirol.

Ein solches Fließgewässer ist auch die niederösterreichische Ybbs, an der das Institut eine Versuchsstrecke unterhält und Unfer Mitpächter eines Fischerei-Reviers ist. Die dort ursprünglich weit verbreitete Äsche ging so dramatisch zurück, dass ein Verein "Rettet die Ybbsäsche" gegründet wurde, um dieser Entwicklung Einhalt zu gebieten. Dabei wollte man aber möglichst ökologisch vorgehen und die Ybbs nicht einfach mit Äschen aus irgendwelchen Fischzuchten besetzen, wie das sonst üblich ist. Denn gewässereigene Fische sind optimal an lokale Verhältnisse adaptiert. Fische derselben Art aus anderen Flüssen überleben zwar gewöhnlich auch und paaren sich mit Alteingesessenen. Aber den Nachkommen gehen wichtige Erbeigenschaften verloren, was dem Bestand mehr schadet als hilft. Auch kehren viele Fische wie die Äschen zum Laichen an ihren Geburtsort zurück. Das geht nur, wenn sie im selben Fluss geboren sind.

Schon vor Vereinsgründung experimentierten Unfer und Kollegen privat mit einer Methode, die sie "Cocooning" nennen und die sich mittlerweile auch kommerziell bewährt hat. Dabei werden befruchtete Fischeier in kiesbefüllte Brutboxen eingebracht, die an geeigneten Stellen im Schotter des Ursprungsflusses vergraben werden. Dort entwickeln sich die Fischlarven, zehren ihren Dottersack auf und werden dann in unmittelbarer Nähe in geeignete Lebensräume entlassen. Dadurch werden sie nicht nur auf den richtigen Fluss geprägt, sondern es ist auch möglich, neue Laichplätze zu schaffen - ein Umstand, der angesichts von Staumauern und dem Verlust historischer Laichgründe nicht hoch genug eingestuft werden kann. Heuer wurde dem Verein dank dieser ökologischen Besatzmethode ein mit 10.000 Euro dotierter Preis des "Wasserlebens-Fonds" zuerkannt. In den vergangenen fünf Jahren haben Unfer und Kollegen rund 300.000 Äscheneier in der Ybbs eingegraben. In zehn Jahren, hofft er, sollte der Bestand keine Unterstützung mehr brauchen. Bis dahin frönt Unfer seinem einzigen Hobby: dem Fischen. (strn/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 30. 4./1. 5. 2005)