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Historische Aufnahme von Zwangsprostituierten in Sungsan, China
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Eine ehemalige philipinische "Trostfrau" demonstriert vor der japanischen Botschaft in Manila.
Foto: APA/epa/Mike Alquinto
Ihr Schicksal ähnelt dem von Frauen aus dem ehemaligen Ostblock, die heute in den Westen gehandelt werden, um Sexarbeit unter sklavenartigen Verhältnissen zu verrichten. Und doch sind die Greuel, die von der japanischen Kriegsmacht an koreanischen, philippinischen, chinesischen und auch japanischen Frauen vor und während des zweiten Weltkriegs begangen wurden, unvergleichlich in ihrem Ausmaß. Seit den 90er-Jahren formiert sich vor allem in Korea sichtbarer Protest gegen die Praxis der "Trostfrauen", der nach Schätzungen zwischen 100.000 und 200.000 Frauen zum Opfer fielen. Im Zuge des internationalen Gedenkjahres zum Ende des zweiten Weltkrieges erhält dieses "Detail" der Geschichte auch im Konflikt zwischen China und Japan wieder an Bedeutung.

Die "Mädchenarmeen"

Die Aufgabe der "Trostfrauen", so der euphemistisch-verschämte Begriff für Zwangsprostituierte in Japan, war es, die Truppenmoral zu stärken, Homosexualität zu verhindern und Vergewaltigung außerhalb der Armeelager zu unterbinden. Zu diesem Zweck organisierte die japanische Militärführung ein Netz von über 1000 Militärbordellen quer über die von Japan besetzten Gebiete hinweg und hielt dort hunderttausende Frauen unter menschenunwürdigen Bedingungen fest. Die Zwangsprostituierten kamen hauptsächlich aus Korea, einem Land, das zu Kriegsbeginn bereits 30 Jahre von den Japanern besetzt wurde. Die restlichen 20 Prozent rekrutierte das japanische Heeresministerium aus China, den Philippinen, Taiwan, Malaysia und auch aus Japan.

Aus den Soldatenaufzeichnungen und den wenigen erhaltenen offiziellen Akten geht hervor, dass die Frauen außerordentlich jung waren, als sie ihre Stellen annahmen. Zwischen 14 und 25 Jahren war ihr durchschnittliches Alter, sie kamen aus ärmlichen Verhältnissen, verfügten über wenig Bildung und ließen sich durch vermeintliche Stellenangebote überreden, ihre Familien zu verlassen. Ein großer Anteil wurde aber auch vom Militär entführt.

Vergewaltigungen

30 bis 40 Männer musste eine Trostfrau pro Tage bewältigen, das ganze sieben Tage die Woche, mit ein bis zwei freien Tagen im Monat. Bezahlt wurden die Frauen mit sogenannten "Militärscheinen" - diese wanderten weiter zu den Bordellbesitzern und Aufsehern, die versprachen, die Frauen zu bezahlen, wenn der Krieg von Japan erst gewonnen sei. Die Herkunft der Zwangsprostituierten definierte auch ihren Preis: Am teuersten waren die professionellen Prostituierten aus Japan, an zweiter Stelle kamen die koreanischen, schließlich die chinesischen Frauen.

Viele Frauen nahmen sich in diesen Jahren der Massenvergewaltigungen selbst das Leben oder kamen bei den Gewaltexzessen der Soldaten ums Leben. Schwangerschaft war oft gleichbedeutend mit einem Todesurteil. Gefürchtet waren auch die "Kuren" gegen Geschlechtskrankheiten, bei denen den Frauen quecksilberhaltiges Antibiotikum injiziert wurde. "Nebenwirkungen" wie Übelkeit, Fehlgeburten und dauerhafte Unfruchtbarkeit waren die Folge.

Verfolgung

Mit dem Ende des zweiten Weltkrieges hatte das physische Martyrium der Frauen zwar ein Ende, auf sozialer und rechtlicher Ebene blieb der Status der Frauen jedoch mehr als prekär. Der internationale Militärgerichtshof in Tokyo erhob trotz Beweisen keine Anklage gegen die Verantwortlichen der staatlichen Zwangsprostitution. Zusätzlich hatten die USA ein Interesse daran, die neuen Verbündeten Japan und Korea im Kampf gegen den Kommunismus nicht gegeneinander aufzubringen.

So blieb das Verbrechen an den Frauen nicht nur ungesühnt, sondern auch unausgesprochen. In den koreanischen Familien, zu denen die Frauen aus Scham nur zum Teil zurückkehrten, wurde nicht darüber gesprochen, was den Töchtern in der Zwischenzeit passiert war. Viele ehemalige "Trostfrauen" brachen den Kontakt zu ihren Verwandten ab, die Furcht vor der Entdeckung ihrer "Scham" trieb sie in die soziale Isolation. Spätere Befragungen der Opfer offenbaren, dass die Überlebenden kaum in der Lage waren, eine "normale" Familie zu gründen. Die fehlende Anerkennung in der patriarchalen Gesellschaft Koreas mündete in einer Schuldumkehr: Sie hatten das Gefühl, versagt zu haben.

Aufarbeitung

Viele Jahre des Schweigens folgten, bis sich Ende der 80er, Anfang der 90er koreanische Frauengruppen des Themas annahmen. Anlass für die Gründung des "Korean Council for the Women drafted for Military Sexual Slavery for Japan" (kurz "Korean Council") war eine japanische Parlamentserklärung 1991, in der jegliche Beteiligung am System der institutionalisierten Vergewaltigungen im zweiten Weltkrieg abgestritten wurde. Eine ehemalige Trostfrau, Kim Hak Seng, entschloss sich, ihre Geschichte öffentlich zu machen und den Staat Japan auf Entschädigungszahlungen zu verklagen. Es folgte eine öffentliche Diskussion, die den Trostfrauen ab 1994 sogar einen Eintrag in die Schulbücher verschaffte. Auch internationale Organisationen wie die UNO und die ILO (International Labor Organisation) bestätigten übereinstimmend, dass das Vorgehen des japanischen Militärs gegenüber den Frauen als Kriegsverbrechen zu werten sei.

Der Korean Council fordert bis heute eine einheitliche Erklärung der japanischen Regierung und die Zusage von Reparationszahlungen. Im April 1995 entschuldigte sich der japanische Premier Murayama Tomiichi öffentlich für die vom japanischen Militär begangenen Verbrechen. Unter seiner Regierung wurde 1995 auch der "Asian Women Fund" ins Leben gerufen, der von privaten Spendern Geldmittel für ehemalige "Comfort Women" sammelte. Mit staatlichen Reparationszahlungen kann die Tätigkeit des Fonds allerdings nicht verglichen werden.

Women’s Tribunal

Als Folge der ablehnenden Haltung der japanischen Regierung fand 2000 erstmals das "Women’s Tribunal" in Tokio statt, das von asiatischen Frauennetzwerken aus Korea, China und Japan organisiert wurde. Gipfel der Aktivitäten dieses Tribunals war die Verurteilung des japanischen Kaisers Hirohito für Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Bedeutend war neben der Verurteilung auch die solidarische Zusammenarbeit der asiatischen Frauengruppen.

Heute finden sich die Forderungen nach Anerkennung der Trostfrauen auch in den chinesischen Protesten gegen den "Schulbuch-Revisionismus" Japans wieder. In einer Überarbeitung der Grundschul-Bücher wurden wesentliche Aspekte der japanischen Kolonial- und Kriegsgeschichte beschönigt bzw. ausgelassen, so die KritikerInnen. Auch die Erwähnung der Existenz der "Trostfrauen" wurde im Zuge dieser Erneuerungen entfernt. Der Korean Council fordert die UN-Gemeinde mithilfe einer Online-Petition dazu auf, Japan keinen fixen Sitz im UN-Sicherheitsrat zu gewähren. Und die Forderung nach staatlichen Reparationszahlungen an die Opfer wird natürlich mit jedem Tag brennender: von den ausgeforschten koreanischen Zwangsprostituierten waren 2004 nur mehr 131 am Leben. (freu)