Die FPÖ heute. Schnell mit schlechter Brillenwahl.

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Zeit der Abrechnung, Zeit der Aufrechnung, Zeit des Aufbruchs: Unter dieses Dreifachmotto stellte Heinz-Christian Strache seinen Auftritt am Dienstag. Der Ort, das Wiener Hotel Hilton Plaza, hat eine lange blaue Tradition, dort wurde mit vielen Nachtsitzungen FPÖ-Geschichte geschrieben. Damit war der Ort Signal: Denn für Strache und Co ist klar, dass sie der "konstruktive Teil der FPÖ" sind und die Abspalter "Hochverräter".

Strache wird beim Parteitag am 23. April als FPÖ-Chef kandidieren: "Die echte FPÖ wird leben. Sie wird nicht nur jung und lässig sein, sondern auch generationsübergreifend arbeiten", tönte Strache angriffig – und demonstrativ mit blitzblauer Krawatte.

Mit ihm am Versuch des Beweises, dass die FPÖ nicht Geschichte ist, werken vier Landesparteiobleute: Karl Schnell (Salzburg), Barbara Rosenkranz (Niederösterreich), Gerald Hauser (Tirol) und Johann Tschürtz (Burgenland). Sie freuen sich über "Befreiung aus der Geiselhaft" Haiders (Schnell) und darüber, dass "Sprunghaftigkeit und Launen Haiders nicht mehr das Problem der FP sind". Denn die FP werde von Strache – also "vom neuen Haider" (Hauser) geführt.

In diese Abrechnung mit Haider stimmte auch Strache mit ein. Haider ist für ihn die "größte Enttäuschung": "Er verhält sich wie ein Kind, das eine Sandburg baute und sie lieber zerstört, bevor ein anderes Kind damit spielen kann." Als Beleg dafür, dass ein Wort Haider nichts wert sei, legte Strache eine Vereinbarung zwischen ihm und Haider vor.

Der Vertrag mit Jörg

Demnach hatten die beiden ausgemacht, dass Haider FPÖ- Chef und Strache geschäftsführender FPÖ-Obmann würde und alle Spaltungs-Aktivitäten beendet würden. Das hatten beide am 21. März unterschrieben, Montag hätte es laut Strache verkündet werden sollen. Stattdessen verkündete Haider Montag die Abspaltung der BZÖ. Daran sei nur Strache schuld, konterte Haider: Strache habe gleich nach Vertragsunterzeichnung das vereinbarte Stillschweigen gebrochen. Damit sei der Vertrag nicht mehr gültig gewesen. (Mehr >>>)

Das war nicht das einzige Fernduell über Historisches am Dienstag: Strache warf Haider vor, dass dieser von ihm verlangt habe, nicht mehr über Eurofighter und EU-Beitritt der Türkei zu sprechen: "Da blieb mir die Spucke weg." Außerdem hielt er Haider auch Zitate vor, die dieser seinerzeit über die Abspaltung desLiberalen Forums abgesondert hatte: "Die FPÖ-Dissidenten sollen Mandate und Funktionen abgeben. Alles andere ist Wählertäuschung."

Dasselbe fordert die verbliebene FPÖ jetzt von der BZÖ: Die Abgeordneten sollen bleiben. Allerdings setzt sich Strache damit nicht einmal in seiner eigenen Wiener Landesorganisation durch, auch dort wechselt ein Teil der Abgeordneten zur BZÖ. Strache quit 5. Spalte tierte das mit Häme: "BZÖ ist die fünfte Kolonne der ÖVP. BZÖ steht für Bündnis zur Zusammenarbeit mit der ÖVP." Strache hofft, die meisten Vorfeldorganisationen der FPÖ behalten zu können.

Keiner will Schulden

Eines will er nicht: blaue Schulden. Haider habe im März zugesagt, die Schulden zu übernehmen, darauf pocht Strache. Die BZÖ sieht die Schulden als Erbe an die FPÖ. Die Höhe ist unklar: Die (alte) FP beziffert sie auf drei Mio. Andreas Mölzer schätzt sie auf mindestens sieben Mio. Euro. Strache will die Bücher prüfen – und dann klären, ob der Vorstand um Ursula Haubner entlastet wird. Auf dass die FPÖ ohne Altlasten starte. Karl Schnell ist noch nicht auf die neue Zeit eingestellt: Er kam Dienstag mit oranger Brille – der BZÖ-Farbe. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 6.4.2005)