Die Vorstellungen des Justizministers und der Landeshauptleute zur Verfassungsreform gehen noch immer weit auseinander.

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Wien/Innsbruck – Der österreichische Föderalismus leibt und lebt. Justizminister Josef Moser (ÖVP) hat es sich zur Aufgabe gemacht, zwischen Bund und Ländern zersplitterte Verfassungsmaterien zu entwirren und aufzuteilen. Das wollen grundsätzlich auch die Länder. Neun von zwölf der Angelegenheiten des betroffenen Artikels 12 im Bundesverfassungsgesetz wurden vergangenen Dezember auch bereits entweder der Bundes- oder der Landesebene zugeordnet. Bei den drei großen Brocken – Mindestsicherung, Krankenanstalten, Elektrizitätswesen – gibt es allerdings keine Einigung. Und so schnell wird sich das wohl auch nicht ändern.

Am Donnerstag treffen die Landeshauptleute einander bei ihrer halbjährlich stattfindenden gemeinsamen Konferenz, auf der auch Beschlüsse gefasst werden können. Moser hatte den Ländern deshalb im Vorfeld einen Gesetzesentwurf für die Aufteilung der verbliebenen Artikel-12-Materien zukommen lassen. Es handle sich "um eine Diskussionsgrundlage", heißt es auf STANDARD-Nachfrage im Justizministerium. Der Entwurf basiere aber sehr wohl auf den Ergebnissen der auf Beamtenebene geführten Gespräche zwischen Vertretern von Bund und Ländern.

Länder fühlen sich übergangen

In den Landeshauptstädten will man davon allerdings nichts wissen: Ein Beschluss über eine mögliche Kompetenzentflechtung könne "aus zeitlichen Gründen" bei der anstehenden Konferenz nicht gefasst werden, ließ der Vorsitzende der Landeshauptleute, der Kärntner Peter Kaiser (SPÖ), prompt ausrichten. Die Bundesregierung habe mit ihrem "Drüberfahren" über die Bundesländer "massiv und einseitig in bestehende Länderkompetenzen eingegriffen" – die Vorschläge Mosers müssten deshalb erst einmal in Ruhe diskutiert werden.

Die Kritik von Tirols Landeshauptmann Günther Platter – einem Parteifreund Mosers – fiel noch schärfer aus: Der Gesetzesentwurf des Ministers decke sich "in keiner Weise mit den Vorstellungen der Länder". Die Vorgangsweise des Bundes sei "etwas kurios", findet er.

Gesetz soll "noch 2019" Nationalrat passieren

Wie es nun weitergeht? Vergangenen Mai hatte das Justizministerium noch angekündigt, dass die Punkte Mindestsicherung, Krankenanstalten und Elektrizitätswesen bis Ende 2018 abgearbeitet würden. In einem Interview mit dem STANDARD im März hatte Moser erklärt: "Das wird im ersten Halbjahr 2019 geschehen." Der neue Fahrplan sei nun, dass demnächst eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe zusammentritt, die noch im Juni "erste politische Entscheidungen" treffen soll, heißt es im Ministerium. Bei der Landeshauptleutekonferenz im Herbst könne ein entsprechender Beschluss gefasst werden. Noch 2019 solle das notwendige Gesetz den Nationalrat passieren, erläutert eine Sprecherin Mosers.

Die Bundesländer seien jedenfalls gut abgestimmt und hätten eine gemeinsame Verhandlungsposition, stellt Tirols Landeschef Platter klar. Auf der Tagesordnung der Landeshauptleutekonferenz am Donnerstag steht die Kompetenzbereinigung nicht. Man wolle aber unter dem Punkt "Allfälliges" über das weitere Vorgehen in der Sache beratschlagen, wird im Büro von Kaiser ausgerichtet. (Katharina Mittelstaedt, Steffen Arora, 14.5.2019)