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Wien – "Das Militär ist die legitimierte Gewaltanwendung eines Staates. Das ist kein schönes Ding, aber notwendig, um die Sicherheit eines souveränen Staates zu gewährleisten. Und das sollte man auch beim Namen nennen." Der neue Generalstabschef Robert Brieger will dem Bundesheer wieder mehr Selbstbewusstsein geben und dieses entsprechend neu positionieren.

"Das Militär ist die bewaffnete Macht, sie ist dazu da, um gewaltsam Schaden vom Staat und den Menschen abzuwenden", sagte Brieger im APA-Interview. Dass das Bundesheer in den vergangenen Jahrzehnten immer mehr zum Stiefkind der Politik geworden ist, sieht Brieger zum Teil selbst verschuldet.

"Wir Militärs haben es nicht vermocht, in der Zivilgesellschaft anzukommen und unsere Bedürfnisse in einer klaren Sprache zu artikulieren. Wir haben immer Umschreibungen gewählt", so Brieger mit Verweis auf die jüngst bekannt gegebenen Investitionen für neue Heeres-Hubschrauber und Fahrzeuge, die von der Politik öffentlich als "Katastrophenschutzpaket" präsentiert wurden.

Kernbereich militärische Landesverteidigung

"Wir haben in den letzten 20 Jahren zu viele Euphemismen verwendet. Wir haben von Dingen gesprochen, die möglichst wenig mit Schießen und Waffen zu tun haben", so Brieger selbstkritisch. Das will er als neuer Generalstabschef ändern und das Bundesheer wieder auf seinen Kernbereich, der militärischen Landesverteidigung ausrichten.

Es sei zwar gut, wenn man Assistenzeinsätze wie jenen an der Grenze bewältige. "Aber nur wenn wir die robusten Einsätze beherrschen, werden wir auch die weniger anspruchsvollen bewältigen. Wenn wir den umgekehrten Weg gehen und uns nur auf Assistenzeinsätze konzentrieren, wie wir das zuletzt getan haben, vielleicht auch aus der Not der Budgetsituation heraus, dann beherrschen wir das Schwierige nicht mehr."

"Wenn wir es bei Schneeschaufeln, Friedenseinsätzen und ein bisschen Heeressport belassen, sind wir nicht glaubwürdig. Wir müssen das Selbstverständnis, dass wir die Soldaten Österreichs sind, wieder aufnehmen", appellierte Brieger an die Truppe, den "innerlichen Zusammenhalt zu stärken und sich mehr als Familie mit gemeinsamen Zielen und Interessen" zu sehen. "Nur wenn wir an uns glauben, werden die anderen an uns glauben."

Landesverteidigung ist "Verfassungsauftrag"

Der General meint, dass sich das Heer nach dem Ende des Kalten Krieges und aufgrund der darauffolgenden Sparbudgets auf Subsidiäraufgaben konzentriert habe. Die Kernaufgabe des Militärs sei aber die militärische Landesverteidigung, "das ist der Verfassungsauftrag". Um diesen wieder zu in den Fokus zu rücken, sollen handwerklichen Fertigkeiten gestärkt und die Einsatzbereitschaft erhöht werden. Das sei freilich nicht ohne Geld machbar. Es bedarf zudem vermehrter Übungen, auch mit scharfer Munition und im freien Gelände sowie Schulungen im Bereich des Zusammenwirkens aller militärischen Waffengattungen.

Ein Teil dieser Debatte sei auch der Vorstoß von Minister Mario Kunasek (FPÖ), den Grundwehrdienst wieder zu verlängern, obwohl kurzfristig nicht mit einer Umsetzung zu rechnen sei, wie Brieger einschränkt. "Aber es ist notwendig über militärische Notwendigkeiten zu sprechen. Fakt ist, dass man einen feldverwendungsfähigen Soldaten in sechs Monaten schwer ausbilden kann. Es wäre wichtig, den Grundwehrdienst auf ein Mindestmaß von acht Monaten wieder zu verlängern." Für die Miliz wären in weiterer Folge Pflichtübungen wichtig.

Seit vielen Jahren "überlebt" das Bundesheer nur mehr

Die militärische Landesverteidigung müsse besser und plausibler kommuniziert werden. "Damit wir in ein paaren Jahren die Dinge wieder mehr beim Namen nennen können. Wir brauchen eine ernsthafte, seriöse Diskussion über sicherheitspolitische Herausforderungen", sagte Generalstabschef Brieger, dessen Bestreben es sei, "plausibel zu erklären, dass Sicherheit Geld kostet".

"Wir brauchen Mittel, um ein modernes starkes Bundesheer zu haben. Der Nachholbedarf ist evident. Wir haben seit mehr als zehn Jahren Budgets, die gerade mal das Überleben gesichert haben, aber keinen Ausbau von Fähigkeiten ermöglich haben."

Laut Brieger zu wenig Ausrüstung für Miliz

An erster Stelle auf der Prioritätenliste steht die Erneuerung der Hubschrauber sowie die Mobilität für die Infanterie. Für die Miliz gebe es viel zu wenig Ausrüstung. Es müssen Investitionen folgen, um sie beweglich zu machen und sie auszustatten. "Das alles ist eine Frage der Glaubwürdigkeit", so Brieger, der bis Ende der Legislaturperiode eine Anhebung des Regelbudgets von derzeit 2,2 auf drei Mrd. Euro anstrebt und sich dann schrittweise eine Erhöhung auf ein Prozent des BIP wünscht. Ein Prozent des BIP wären derzeit rund vier Mrd. Euro.

Für die ebenfalls anstehende Neuaufstellung der Luftraumüberwachung ist laut Brieger ein dreistelliger Millionen-Betrag nötig, egal für welche Variante man sich entscheidet. Derzeit wird der österreichische Luftraum von 15 Eurofightern und zwölf Saab 105 überwacht. Die Saab sind 2020 an ihrem Lebensende und müssen ersetzt werden. In Diskussion/bei stehen drei Varianten: Eine Nachrüstung der Eurofighter, der Kauf eines anderen Jet-Typs oder das Leasing von Abfangjägern.

Brieger: Eurofighter ein Hightech-Flugzeug

Von einer abgespeckten "Eurofighter light"-Variante als eine der im Gespräch befindlichen Möglichkeiten hält Brieger wenig. Bei dieser kostengünstigen Variante würden die Eurofighter nicht wie vom Militär gewünscht mit mehreren Komponenten wie Allwetterlenkwaffen und Selbstschutzsystemen nachgerüstet, sondern nur mit dem unbedingt notwendigen Software-Update.

Es wäre im Interesse der Republik, wenn man internationale Standards erfüllt, mahnte Brieger diesbezüglich. Der Eurofighter sei ein Hightech-Flugzeug der vierten Generation mit einer sehr breiten Leistungsfähigkeit. "Wenn man dieses Flugzeug betreibt, sollte man zumindest jene Teile, die wir für die Sicherung der Staatssouveränität brauchen, sicherstellen. Eine Lösung darunter wäre wenig zweckmäßig."

Vom neuen und mittlerweile dritten Eurofighter-U-Ausschuss erwartet sich Brieger auf jeden Fall "neue Informationen". Dass sein Sohn dort als parlamentarischer Mitarbeiter für die FPÖ tätig ist, sieht er nicht als Problem der Unvereinbarkeit. Dieser sei schon im zweiten U-Ausschuss als Volontär beim FPÖ-Klub gewesen.

Er sei derzeit allerdings mit "allen seinen Gedanken" bei den zwei jungen Frauen, die mit einem Heeresboot auf der Donau verunglückt sind und deren Familien. Er hoffe auf die baldige Genesung der Frauen und verspricht die volle Aufklärung des Vorfalls. Die Untersuchungskommission arbeite "intensiv" daran. (APA, 9.9.2018)