Bregenz – Die Vorarlberger Landesregierung sieht bei der Mindestsicherungsreform die Bereiche Wohnen und Kinder als "rote Linien". Es müsse ausreichend Spielraum für die Länder bleiben, um unterschiedliche Lebens- und vor allem Wohnkosten abzudecken. Zudem müssten Familien vor Armut bewahrt werden, so die Landesräte Katharina Wiesflecker (Grüne) und Christian Bernhard (ÖVP) am Freitag übereinstimmend.

Wie DER STANDARD berichtete, gibt es aus der ÖVP-"Westachse", also den ÖVP-geführten Ländern Vorarlberg, Tirol und Salzburg, massive Kritik am Regierungsentwurf für die neue, verschärfte Mindestsicherung. Sie sagen, dass die höheren Lebens- und Wohnkosten im Westen durch die neue Mindestsicherung nicht finanzierbar seien.

Man erhalte jeden Tag andere Informationen zu den Regierungsplänen, sagte Soziallandesrätin Wiesflecker am Rande einer Pressekonferenz. Was man da zuletzt vernommen habe, "das hat mich schon sehr erschreckt", bekannte sie. Nun sehe es aber so aus, als bekämen die Länder doch den "dringend notwendigen Spielraum", was die Abdeckung unterschiedlicher Lebens- und Wohnkosten angehe.

Die Regierung hat am Donnerstag durch den Regierungssprecher ausrichten lassen, dass die Länder weiterhin Wohnbeihilfen auf die Mindestsicherung aufzahlen dürfen, wenn sie das möchten. Im ursprünglichen Entwurf war diese Möglichkeit nicht vorgesehen.

Kritik an "rigorosen Kinderrichtsätzen"

Wiesflecker wandte sich vor allem gegen die geplanten "rigorosen Kinderrichtsätze". "Ein Abrutschen von Familien in wirkliche Armut müssen wir in einem gemeinsamen Kraftakt verhindern. Diese Notleidenden werden die Gemeinden sonst vor den Türen haben", so die Landesrätin, die diese beiden Bereiche als "rote Linien" für Vorarlberg bezeichnete.

Die Länder und Gemeinden müssten jetzt im Juni die Zeit vor der Präsentation des Gesetzesentwurfs noch gut nützen, um sich einzubringen, denn danach sei das erfahrungsgemäß deutlich schwieriger. Eine Detailbewertung werde sie erst nach Vorliegen des Pakets vornehmen.

"Man darf das Kind nicht mit dem Bade ausschütten", so auch Gesundheitslandesrat Bernhard. Dass die Regierung eine Reintegration Betroffener in das Erwerbsleben forciere, "bei dem Grundgedanken kann ich mit". Genau schauen müsse man aber gerade bei den Kindern, denn Armut habe für sie Konsequenzen für das ganze Leben, für Bildung und Gesundheit. "Wir bekennen uns zu den Kindern", betonte er.

In die selbe Kerbe schlug der Vorarlberger Gemeindeverbandspräsident Harald Köhlmeier, Bürgermeister von Hard (Bezirk Bregenz). Man begrüße eine gewisse Optimierung, um die nicht gerechtfertigte Zuwanderung ins Sozialsystem einzudämmen, das dürfe aber nicht dazu führen, dass Familien in die Armutsfalle tappten. Er forderte eine differenzierte Betrachtung, etwa des Ost-West-Gefälles. Hinsichtlich einer Harmonisierung der Notstandshilfe mit der Mindestsicherung sei er besorgt, dass hier Kosten auf die Länder und Gemeinden abgewälzt werden. Österreichweit seien das immerhin Kosten von 1,6 Mrd. Euro jährlich. (APA, 1.6.2018)