Georg Willi könnte der erste grüne Bürgermeister einer Landeshauptstadt werden.

Foto: Florian Lechner

Innsbruck – Man wähnt sich im falschen Film angesichts des grünen Wahlkampfs in Innsbruck. Statt queerem Clubbing setzt Spitzenkandidat Georg Willi auf die Innsbrucker Tanzlmusig mit dem Marsch "Die Ampel steht auf Grün". Zugleich lässt der in Umfragen ganz vorne liegende Willi mit Sagern aufhorchen, die so gar nicht ins gewohnte grüne Schema passen: "So hart das klingen mag, aber die Frage, ob ich mir das Dach überm Kopf leisten kann, beschäftigt die Leute ganz einfach mehr als die Frage nach dem Binnen-I oder der Ehe für alle."

Willi zählt seit fast 30 Jahren zum politischen Inventar Tirols. Er hat vom Gemeinderat über den Landtag bis zum Nationalrat alle Stationen durchlaufen. Und er war immer erfolgreich. So galt der ausgebildete Mediator in den 1990ern als treibende Kraft hinter der Wiedervereinigung der beiden grünen Lager Österreichs. Und auch der größte landespolitische Erfolg der Tiroler Grünen geht auf seine Zeit als Klubchef zurück.

Zu wenig Spielraum bei Basisdemokratie

Nicht trotz, sondern eben weil er kein Fundi-Grüner ist, kommt Willi in Innsbruck gut an. Er ist begeisterter Kirchenchorsänger und kauft gern am Bauernmarkt. Die "Einer von uns"-Masche spielt er erfolgreich im Wahlkampf, den er bewusst anders gestaltet, als man es auf Bundesebene von den Grünen gewohnt war.

Willi steht für einen neuen Weg der Mitte und wagt es sogar, an der sakrosankten Basisdemokratie zu rütteln: "Es braucht hier gewisse Spielräume für den Bundesvorstand bei Personalentscheidungen. Ein Alexander Van der Bellen wäre bei den heutigen Grünen nämlich nicht mehr möglich." Mit dem Bundespräsidenten würde er gerne eine Klammer bilden, die den grünen Aufwärtstrend symbolisiert. Ganz oben Van der Bellen und am "unteren Ende der Skala" Willi als Innsbrucker Bürgermeister: "Ein schönes Bild."

Um die Tücken der grünen Basisdemokratie weiß er nur zu gut Bescheid. So wurde Willi im Grunde gegen den Willen der eigenen Partei Spitzenkandidat in Innsbruck. In einer Kampfabstimmung setzte er sich gegen die regierende Vizebürgermeisterin Sonja Pitscheider durch. Der gesamte grüne Gemeinderatsklub stimmte gegen ihn. Bis auf einen, Mesut Onay, der als Willis Königsmacher gilt und dafür aus der Partei gemobbt wurde. Er tritt nun mit seiner eigener Liste ALI an.

Radwege und Wohnungen

Inhaltlich setzt Willi auf die Themen Wohnen und Verkehr. Er verweist auf den "guten Draht ins Landhaus", den er dank grüner Regierungsbeteiligung besitze, und verspricht in Sachen leistbares Wohnen "die größte Offensive, die es in dem Bereich je gab". Gemäß seinem Wahlkampfslogan "Wo ein Willi, da ein Radweg" soll Innsbruck Radhauptstadt Österreichs werden. Fünf Millionen Euro werde er als Bürgermeister dafür jährlich bereitstellen.

Beim Thema Sicherheit hat der Grüne von den Mitbewerben gelernt und fordert "mehr Polizei auf der Straße", um das "subjektive Sicherheitsgefühl" zu stärken. Um unterscheidbar zu bleiben, sollen die Beamten aber auf Rädern, nicht Rössern patrouillieren.

Als Retter der Grünen sehe er sich nicht. Dazu sei das Amt des Innsbrucker Bürgermeisters, so er es denn erreiche, zu gering. Aber er will Teil des Aufwärtstrends sein. Wahlziel ist neben dem Stadtoberhaupt die Regierungsbeteiligung. Dass auch die FPÖ aller Voraussicht nach im Stadtsenat vertreten sein wird, ist ihm bewusst. Eine Koalition mit den Freiheitlichen schließt er aber aus. Sie sollen, geht es nach Willi, im Senat die Kontrollfunktion übernehmen, während er die Grünen in Ressortverantwortung sieht. (Steffen Arora, 19.4.2018)