Ablehnung durch die Regierung befremdlich: Ewa Dziedzic

Foto: Matthias Cremer

Wien – Ab Montag werben die Initiatorinnen des Frauenvolksbegehrens um die ersten Unterschriften zur Einleitung einer Initiative, mit der sich auch das Parlament befassen muss. Unterstützt wird das Begehren unter anderem von den Grünen und der SPÖ.

Ab sofort sammeln die Initiatorinnen des Frauenvolksbegehren Unterstützungsunterschriften. In den nächsten fünf Wochen müssen 8.401 Personen unterschreiben, danach legt das Innenministerium eine Eintragungswoche fest.
ORF

Von 12. Februar bis 12. März können Interessierte Unterstützungserklärungen in Gemeinde- und Bezirksämtern abgeben. Österreichweit sind 8.401 Unterstützungsunterschriften (ein Promille der österreichischen Wohnbevölkerung) auf den Gemeindeämtern notwendig, damit dann das eigentliche Volksbegehren durchgeführt werden kann. Wer jetzt bereits im Einleitungsverfahren unterschreibt, braucht dann in der Unterstützungswoche nicht noch einmal zu unterschreiben.

Für die Behandlung im Parlament muss ein Volksbegehren 100.000 Unterschriften von Wahlberechtigten erreichen.

An dieser Hürde gescheitert sind bisher nur vier Volksbegehren: Das u. a. vom früheren Neos-Abgeordneten Niko Alm mitgetragene Begehren gegen Kirchenprivilegien mit 56.673 Unterschriften (0,89 Prozent), die von Altpolitikern wie Erhard Busek (ÖVP) und Johannes Voggenhuber (Grüne) angestoßene "Demokratie Jetzt"-Initiative mit 69.740 (1,10 Prozent) – beide im Jahr 2013 -, "Pro Motorrad" im Jahr 1995 mit 75.525 Unterschriften (1,31 Prozent) und "Raus aus Euratom" der Umweltgruppe "Atomstopp Oberösterreich" im Jahr 2011 mit 98.698 (1,56).

Das bisher erfolgreichste Volksbegehren erreichte sein Ziel auch nicht: 1982 unterzeichneten zwar fast 25,74 Prozent der damals Wahlberechtigten – das waren 1,4 Millionen – das von der ÖVP initiierte Begehren gegen das Wiener Konferenzzentrum, gebaut wurde es trotzdem. Auch die Fristenlösung gilt bis heute, obwohl deren Gegner 1975 fast 900.000 Österreicher (17,93 Prozent) mobilisieren konnten – und damit auf Rang drei kamen. Mehr Wirkung zeigte die zweiterfolgreichste Initiative, das 1997 von 1,2 Mio. (21,23 Prozent) unterschriebene Anti-Gentechnik-Volksbegehren.

Getragen wird das Frauenvolksbegehren von einem Verein, die Obfrauen sind die bei "Vice" tätige Journalistin Hanna Herbst und die Autorin und Regisseurin Andrea Hladky.

Gegen schärferes Sexualstrafrecht

Organisatorinnen und Unterstützerinnen der Kampagne "One Billion Rising" in Österreich, die sich für ein Ende der Gewalt gegen Frauen und Mädchen sowie für deren Gleichstellung einsetzt, riefen am Montag zur Unterstützung des Frauenvolksbegehrens auf. Nicht zufällig seien drei der neun Forderungen, um die es geht, dem Thema Sicherheit gewidmet, sagte Lena Jäger, eine der Initiatorinnen des Volksbegehrens.

Die von der Regierung angedachte weitere Verschärfung des Strafrechts bei Sexualdelikten und bei Gewalt gegen Frauen und Kinder stößt bei den Frauen auf Kritik: "Von der populistischen Forderung nach einer Erweiterung des Strafrahmens halten wir rein gar nichts", sagte die Juristin Brigitte Hornyik, die stellvertretende Vorsitzende des Österreichischen Frauenrings, am Montag bei einer Pressekonferenz von "One Billion Rising Austria" in Wien.

Hornyik forderte vielmehr von den Strafverfolgungsbehörden und Gerichten, Anzeigen von Frauen, die von Gewalt betroffen sind, ernst zu nehmen, Opfer nicht zu belächeln oder ihnen das Gefühl zu vermitteln, "so arg wird's schon nicht gewesen sein". Sie vermisst in dem Zusammenhang zudem den Straftatbestand der psychischen Gewalt.

Grüne wollen Nationalen Aktionsplan

Ewa Dziedzic, Sprecherin der Grünen Frauen, bezeichnete die zur Diskussion stehende Erweiterung des Strafrahmens als "zynisch", zumal es "um ein breites gesellschaftliches Thema geht". Die Bundesrätin erneuerte die Forderung nach einem Nationalen Aktionsplan zur Prävention von Gewalt und Schutz für Betroffene, der alle Ebenen umfasst. In Österreich ist jede fünfte Frau über 15 Jahren von körperlicher Gewalt betroffen, jede dritte von sexueller Gewalt.

Gabriele Heinisch-Hosek, SPÖ-Frauensprecherin und bis Mai 2016 Frauenministerin, übte Kritik an den Ländern. "Sie sind seit Jahren säumig, mehr Plätze in den Frauenhäusern zu schaffen", wofür Österreich sich mit der Unterzeichnung der Istanbul-Konvention verpflichtet hat. Die Kampagne "One Billion Rising" – "Eine Milliarde erhebt sich" – wurde 2012 in New York initiiert. Die Zahl bezieht sich auf Frauen weltweit, die von Gewalt betroffen sind. Seit 2013 findet die Kampagne mit künstlerischen Performances jeweils am 14. Februar, dem Valentinstag, auch in Österreich statt.

Erste Startprobleme

Laut einer Aussendung der Initiatorinnen kam es gleich anfangs zu Startschwierigkeiten. In rund 40 Gemeinden gebe es technische Probleme bei der Stimmabgabe. In einigen Gemeinden würden außerdem keine Unterstützungserklärungen aufliegen, das Volksbegehren sei manchen Gemeindebediensteten auch gar nicht bekannt.

Auch Gegner des Rauchens sammeln Unterschriften

Fast gleichzeitig – nämlich ab dem 15. Februar – mit dem Frauenvolksbegehren liegen auch die Unterstützungserklärungen für das Volksbegehren auf, mit dem die Regierung aufgefordert wird, am (bereits beschlossenen) totalen Rauchverbot in der Gastronomie festzuhalten. In den Koalitionsverhandlungen hatten sich ÖVP und FPÖ darauf geeinigt, dieses Verbot ab Mai durch die sogenannte Berliner Regelung zu ersetzen. (red, 12.2.2018)