François Fillon hält an seiner Präsidentschaftskandidatur fest.

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Fillon und seine Frau Penelope. Sie soll jahrelang als parlamentarische Mitarbeiterin ihres Mannes bezahlt worden sein – ohne jedoch im Büro anwesend gewesen zu sein.

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Starke Worte eines geschwächten Kandidaten: Die Ermittlungen der französischen Justiz wegen der Scheinbeschäftigung seiner Frau Penelope seien ein "politisches Attentat", erklärte François Fillon bei einem Presseauftritt in Paris. Der 62-jährige Republikaner gab bekannt, dass er "mit Blick auf eine Verfahrenseröffnung" eine richterliche Vorladung für den 15. März erhalten habe. Es sei kein Zufall, dass dieser Termin zwei Tage vor der Kandidatur-Eingabefrist für die Präsidentschaftswahl angesetzt sei, beschwerte sich Fillon. Immerhin will er der Vorladung Folge leisten – während seine rechtsextreme Rivalin Marine Le Pen in einer ähnlich gelagerten Affäre im Europaparlament jede Einvernahme verweigert.

Fillon behauptete weiter, die ganze Vorermittlung sei mit dem einzigen Ziel einer Anklage und zudem mit einer "beispiellosen" Geschwindigkeit lanciert worden. "Die Unschuldsvermutung ist völlig verschwunden", beklagte er sich. "Nicht die Justiz, nur eine Urnenabstimmung kann darüber entscheiden, wer nächster Präsident Frankreichs wird", rief der Ex-Premier aus, um klarzumachen: "Ich werde nicht weichen, ich werde nicht aufgeben, ich werde mich nicht zurückziehen."

Das Problem an dem Auftritt war, dass die markigen Worte "seltsam leer" klangen, wie ein anwesender Pariser Journalist meinte. Stunden zuvor war in Paris nur darüber spekuliert worden, ob Fillon seine Kandidatur zurückziehen werde. Am frühen Morgen hatte er einen sehr rituellen Besuch bei der Landwirtschaftsmesse zur Überraschung seiner eigenen Berater abgesagt und eine Presseerklärung angekündigt.

Verspätung und Spekulation

Zahlreiche Medienvertreter drängten sich darauf in Fillons Hauptquartier, um die neueste Wendung im "Penelope-Gate" mitzukriegen. Als Fillon eine halbe Stunde auf sich warten ließ, spekulierten sie, ob die Gattin des Kandidaten vielleicht doch in Polizeigewahrsam sei, wie es am Morgen – irrtümlich – geheißen hatte. Fillons Berater taten, als wüssten sie Bescheid; in Wahrheit zitterten sie ebenfalls ob der Rücktrittsgerüchte.

So geht es in Paris nun seit Wochen: Fillon, der die Präsidentschaftswahl im Mai in der Tasche glaubte, muss sich allein mit seiner Veruntreuungsaffäre herumschlagen. Sein politisches Programm ist kein Thema mehr. Vermutlich wird Fillon die Agrarmesse in Paris, auf der das ländliche Frankreich seinen Jahresauftritt in der schicken Hauptstadt zelebriert, in den kommenden Tagen besuchen. Seine Absenz am Mittwoch fiel aber bereits negativ auf.

Marine Le Pen hatte sich am Vortag von vielen Bauern applaudieren lassen: Deren 35 Prozent wollen der Front-National-Chefin laut Umfragen die Stimmen geben, erstmals mehr als den Konservativen. In anderen Erhebungen erhält Fillon bloß noch 20 Prozent der Stimmen; damit müsste er den Einzug in die Stichwahl den beiden Spitzenreitern Le Pen (25 Prozent) und Emmanuel Macron (24 Prozent) überlassen.

Mehr Widersprüche

Politisch kaum mehr hörbar, verstrickt sich Fillon auch juristisch in Widersprüche. Im Jänner hatte er noch verlangt, dass die Finanzstaatsanwaltschaft so rasch wie möglich handle; jetzt macht er ihr dies selber zum Vorwurf. Nach den ersten Enthüllungen durch das Wochenblatt Le Canard enchaîné hatte er erklärt, er werde zurücktreten, wenn ein Strafverfahren gegen ihn gestartet werde; am Mittwoch sagte er dramatisierend, er werde "bis zum Ende gehen".

Weil Fillon nicht Wort halte, trat der prominente Ex-Minister Bruno Le Maire aus dessen Wahlkampfteam zurück. Auch die Zentrumspartei UDI "suspendierte" Mittwochabend ihre Unterstützung. Viele Politologen glauben nicht mehr, dass Fillon bis zum ersten Wahlgang von Ende April durchhalten wird. (Stefan Brändle aus Paris, 1.3.2017)