Lohnnebenkosten senken, steuerliche Anreize für Investitionen, weniger Bürokratie: Hans Jörg Schelling bekräftigte in erster Linie altbekannte ÖVP-Forderungen.

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Wien – Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) hat am Montag ein neues Sparpaket bis 2020 gefordert und eine deutliche Absage an neue Steuern geliefert. In seiner einstündigen Rede im Finanzministerium forderte der Minister Reformen ("Paket für Österreich"), Steuersenkungen und Anreize für Investitionen.

Konkret plädiert Schelling an die Regierung, bis zum Ende des laufenden Finanzrahmens 2020 3,8 Milliarden Euro oder fünf Prozent des Budgets einzusparen. Dafür brauche es eine "Aufgabenanalyse" bei Förderungen, Steuern, Pensionen, Gesundheit, Familie, Beamten, Landwirtschaft, Umwelt und Föderalismus. Ein Drittel des gesparten Geldes soll in Zukunftsinvestitionen fließen.

Finanzrahmen udn Budget will Schelling künftig gemeinsam beschließen und nicht mehr Ersteren im Frühjahr und Zweiteres im Herbst: "Der Finanzminister wird dann nur mehr einmal im Jahr statt zweimal im Jahr erpresst."

Kritik an Kern-Plänen

Außerdem lieferte der VP-Minister die eine oder andere Spitze gegen die Grundsatzrede von Kanzler Christian Kern: "Die Hoffnung, dass gute Laune das Budget saniert, ist falsch und vor allem trügerisch." Eine deutliche Absage gab es insbesondere für Kerns Steuerpläne: "Es wird mit mir als Finanzminister dieser Republik keine neuen Steuern geben. Weder eine Vermögenssteuer noch eine Erbschaftsteuer noch eine Schenkungssteuer, und ich sage Ihnen aus heutiger Sicht: auch keine Wertschöpfungsabgabe."

Denkbar wäre für Schelling einzig eine CO2-Abgabe – allerdings nur im europäischen Gleichklang und wenn das Geld in die Senkung der Lohnnebenkosten fließen würde.

Wettbewerb statt Streit

Schelling bat sein Publikum, darunter vereinzelte VP-Politiker und Wirtschaftskapitäne, aber gleich eingangs, seine Pläne nicht als Streit in der Regierung zu werten, sondern als Wettbewerb der Ideen. "Wenn man einen Plan A hat, braucht man auch einen Plan B, und B heißt Beginnen", meinte der Minister in Anspielung auf Kerns Grundsatzrede und krempelte demonstrativ die Ärmel hoch.

Seine Vorstellungen sieht Schelling als Arbeitsprogramm für die nächsten 18 Monate, denn 2017 müsse zum "Jahr der Reformen" werden. Insbesondere brauche es ein besseres Investitionsklima, weshalb der Finanzminister einen neuen Investitionsfreibetrag fordert: Unternehmen sollen drei Jahre lang steuerbegünstigt ansparen dürfen, wer neue Mitarbeiter aufnimmt, soll weniger Körperschaftssteuer zahlen, und auch die Kammerumlage soll für diese Mitarbeiter drei Jahre lang entfallen.

"Schwarze Null" angepeilt

Die Staatsverschuldung will Schelling bis 2021 auf unter 70 Prozent der Wirtschaftsleistung drücken und ab 2021 einen Budgetüberschuss erzielen. Er wolle eine "schwarze Null", betonte Schelling: "Teure Wahlgeschenke werde ich nicht akzeptieren, und ich werde sie im Finanzrahmen für das nächste Jahr nicht berücksichtigen."

Allerdings lieferte auch der Finanzminister einen bunten Forderungskatalog für seinen "Pakt für Österreich" – von der Abschaffung der kalten Progression über einen "Einschleiftarif" in der Sozialversicherung (also niedrigere Beiträge für Geringverdiener) bis zu einer höheren Forschungsprämie und dem Aus für den 55-prozentigen Spitzensteuersatz.

Zweifel an Senioritätsprinzip

Strafen für Unternehmer will Schelling senken: Arbeitsinspektoren sollen beim ersten Delikt nur beraten, kumulierte Strafen nicht mehr möglich sein. Das Senioritätsprinzip beim Lohn will Schelling ebenso hinterfragen wie den Kündigungsschutz für Arbeitnehmer über 50. Auch verschärfte Zumutbarkeitsbestimmungen für Arbeitslose stehen auf seiner Wunschliste, ebenso ein neues Beamtendienstrecht nach Vorbild der Privatwirtschaft.

Ähnlich wie Kern wünscht sich Schelling befristete Gesetze ("Sunset-Klauseln"). Die Abschaffung der Selbstbehalte für Selbstständige lehnt er aber als Eingriff in die Selbstverwaltung der Sozialversicherungen ab. Bei den Pensionen wünscht sich Schelling einen "Gerechtigkeitsmechanismus" und eine raschere Anhebung des Frauenpensionsalters. Was davon ohne gesetzliche Regelungen möglich ist, will Schelling schon im ersten Quartal umsetzen – größere Brocken erst später.

Kritik übte Schelling auch an im Vergleich zum Verkehr niedrigen Internet-Investitionen: "Ich brauche nicht in jedem Winkel des Landes frischen Asphalt, ich brauche das schnellste Internet." Und Gerichtsgutachter sollen künftig per Videokonferenz aussagen.

Grundsätzlich sieht Schelling die Regierung auf gutem Kurs, denn das Wachstum liege im europäischen Durchschnitt, die Beschäftigung darüber, die Arbeitslosigkeit darunter. Nur bei der Abgabenquote liege Österreich im Spitzenfeld. Sein eigenes Regierungsprogramm habe er mittlerweile abgearbeitet, es sei daher Zeit für Neues.

FPÖ kritisiert Wettlauf um die "dicksten Phrasen"

Mit Häme reagiert die FPÖ auf die Schellings Pläne. Generalsekretär Herbert Kickl sprach in einer Aussendung am Montag von einem Wettlauf, wer in der Koalition "die dicksten Phrasen drischt". "Kern gegen Mitterlehner, Mitterlehner gegen Kern und nun Schelling gegen alle", kritisierte Kickl: "Plan B kann im Interesse der Österreicher nur 'Neuwahlen' heißen."

Die Neos begrüßen zwar die inhaltlichen Forderungen des Finanzministers. "Doch es ist leider zu befürchten, dass er wohl auch dieses Mal an der Reformunfähigkeit der SPÖVP-Regierung scheitern wird", sagte Finanzsprecher Rainer Hable in einer Aussendung. Die Neos wünschen sich unter anderem Steuersenkungen, Anreize für Investitionen, eine Pensionsautomatik und eine Anhebung des Frauenpensionsalters.

Team Stronach-Klubchef Robert Lugar unterstützt Schellings Forderung nach Abschaffung der "kalten Progression". Fraglich sei nun aber, "ob es Schelling gelingt, sich gegen die SPÖ durchzusetzen, die ja ständig von neuen Steuern spricht", so Lugar. (APA, 16.1.2017)