Wien/Brüssel – Österreichs EU-Abgeordnete fürchten unabhängig vom Ausgang der Bundespräsidenten-Wahlwiederholung im Dezember keine Spaltung Europas. Der ÖVP-Delegationsleiter im Europaparlament Othmar Karas erklärte am Mittwoch in Brüssel bei einer Veranstaltung der NGO Votewatch, bei dieser Frage komme er zu einem "klaren Nein".

Der SPÖ-Europaabgeordnete Eugen Freund sagte, es gebe andere Personen in Europa, die viel mehr die neue politische Rechte in der EU repräsentieren. Der Delegationsleiter der FPÖ im EU-Parlament, Harald Vilmsky, betonte, seiner Partei gehe es nicht darum, Europa zu zerstören, sondern weiterzuentwickeln. Die grüne Delegationsleiterin und Vizepräsidentin des EU-Parlaments, Ulrike Lunacek, meinte ebenso wie Freund, dass es "andere Regierungschefs in der EU gibt, die mehr Spaltung bringen als ein österreichischer Bundespräsident". Die liberale NEOS-Mandatarin Angelika Mlinar hielt der FPÖ vor, bei der Wahlwiederholung zwar das VfGH-Urteil zu begrüßen, sich aber in der Frage der zweisprachigen Ortstafeln in Kärnten um den Verfassungsgerichtshof überhaupt nicht geschert zu haben.

Karas: "Wir sind Teil der EU"

Karas erklärte, eine "Bundespräsidenten-Wahl kann Europa nicht spalten". Trennlinien, die es zwischen den beiden Kandidaten – Alexander Van der Bellen von den Grünen und Norbert Hofer von der FPÖ – gebe, seien kein österreichisches Phänomen. Er wies den Vorwurf, die EU sei zentralistisch, zurück. "Wir sind Teil der EU, daher gibt es keine zentralistische EU. Die EU ist auch kein Staat, sondern wir machen die Dinge immer gemeinsam und dann ist klar, dass wir alle gemeinsam zur Mitverantwortung im Ganzen zu stehen haben". Karas verteidigte das EU-Freihandelsabkommen mit Kanada (CETA), und hier dürfe nicht die nationale Karte gegen eine europäische Entscheidung gestellt werden.

Freund sorgte sich über die Funktion Vilimskys in der rechtspopulistischen Fraktion "Europa der Nationen und Freiheit", deren Vorsitzende Frankreichs Marine Le Pen ist. Diese habe sich die Aufgabe gestellt, die EU zu zerstören". In der VfGH-Frage warf Freund der FPÖ ebenfalls vor, "mit leichter Hand" über Erkenntnisse drüber zu wischen, wobei auch er den Ortstafelkonflikt in Kärnten anführte. Wenn die Freiheitlichen nun den VfGH-Entscheid zur Wahlwiederholung begrüßten, "ist das eine interessante Haltungsänderung".

Vilimsky: "Unsere Politik am ehrlichsten"

Vilimsky wies den Vorwurf des Populismus zurück. "Ich verstehe Populismus so, dass unsere Politik im ehrlichsten reinsten Sinn der Bevölkerung dienen" will und "nicht als Nomenklatura, die ihre Wahrheit aufs Auge drückt, dienen will". Die FPÖ lege der Bevölkerung lediglich ein Modell vor, wie die europäische Kooperation besser gestaltet werden könne.

Mlinar warf Vilimsky vor, dass die FPÖ keine Verantwortung übernehmen wolle. "Sie haben Kärnten in den Sand gespielt. Die ganze Republik mit der Hypo in Schwierigkeiten zu bringen, mit einem Schadensausmaß von 20 Milliarden Euro, ist in der Zweiten Republik unvergleichbar".

Lunacek konzedierte, dass es in der EU nicht gelungen sei, ein Heimatgefühl zu erzeugen, "dass ich sage, ich bin Österreicherin und Europäerin". Es sei auch "nicht alles super, was von der EU-Kommission kommt, aber viel besser, als es daheim kommuniziert wird". Sie gehe davon aus, dass Van der Bellen gewinne, denn es wäre "sehr problematisch, wenn Österreich von Le Pen und De Wilders gelobt wird. Das wäre nicht gut für das Land". (APA, 28.9.2016)