Politische Gegengeschäfte würden dem Ansehen des ORF schaden, argumentiert dessen Redakteursrat.

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Wien – Der Redakteursrat des ORF begrüßt in einer Aussendung die breite Mehrheit, die das von Generaldirektor Alexander Wrabetz vorgeschlagene Team am Donnerstag im Stiftungsrat erhalten hat. Bei der Wahl der Direktoren hätten sich "einige Stiftungsräte vom 'Klubzwang' gelöst und sich damit von der Parteipolitik emanzipiert".

Die Mitglieder des ORF-Stiftungsrat sind gesetzlich ausschließlich dem ORF verpflichtet, sind aber in der Praxis in parteinahen "Freundeskreisen" organisiert und stimmen üblicherweise auch geschlossen ab – zuletzt bei der Wahl des Generaldirektors.

Freude über Uneinigkeit

Kritik übt der Redakteursrat allerdings am "unwürdigen Schauspiel", das in den Tagen vor der Direktorenwahl zu beobachten gewesen sei, als Parteien "mehr oder weniger öffentlich" Posten im Unternehmen im Gegenzug für "ihre" Zustimmung zum Direktoren-Paket gefordert hätten. "Es entsteht in der Öffentlichkeit der Eindruck, dass es vor allem die PolitikerInnen sind, die sich das Personal im ORF aussuchen können", so der Redakteursrat.

Deshalb begrüßt die Redakteursvertretung, dass es zu keiner Einigung zwischen SPÖ und ÖVP gekommen ist und richtet einen Appell an die Verantwortlichen, "dass auch bei künftigen Abstimmungen – etwa über die anstehende Gebührenanpassung – keine politischen Gegengeschäfte gemacht werden". Diese würden dem Ansehen des Unternehmens und seiner Journalisten schaden.

Scharfe Kritik an Ablöse von Landesdirektoren

"Besonders kritisch" sehen die Redakteure die Besetzung der Landesdirektoren. In Salzburg sei Roland Brunhofer als Landesdirektor abgelöst worden, weil er noch unter SPÖ-Landeshauptfrau Gabriele Burgstaller eingesetzt worden war – nun aber mit Wilfried Haslauer ein ÖVP-Politiker Landeschef ist.

"Krass" sei die Situation im Burgenland, wo Landesdirektor Karl-Heinz Papst nach Darstellung es Redakteursrats für die Berichterstattung des Landesstudios über die Flüchtlingskrise mit Absetzung "bestraft" worden sei. "Dass eine Führungskraft im ORF abgezogen wird, weil die Berichterstattung unabhängig und kritisch war, ist ein einmaliger Vorgang", so der Redakteursrat.

Das Gremium fordert deshalb unter anderem – wiederholt – die Abschaffung des "Anhörungsrechts" der Landeshauptleute, eine Verkleinerung und Entpolitisierung des Stiftungsrats und eine Stärkung des Redaktionsstatus. (red, 16.9.2016)