Wien – Der Rechnungshof (RH) hat in einem am Mittwoch publizierten Bericht die Auszahlung und Hereinbringung von Unterhaltsvorschüssen für minderjährige Kinder unter die Lupe genommen. Kritisiert wird, dass der Bund dafür zahlt, für die Höhe und die Eintreibung bei säumigen Elternteilen aber die Länder bzw. die Justiz zuständig sind. Die offenen Forderungen betrugen mehr als 1,1 Milliarden Euro.

Im Jahr 2014 zahlte der Bund an 51.839 Minderjährige insgesamt 134,87 Millionen Euro an Unterhaltsvorschüssen aus, im Durchschnitt rund 200 Euro monatlich. Nur 77,53 Millionen Euro konnten bei den Unterhaltsschuldnern hereingebracht werden. Finanziert werden die Zahlungen vom Familienministerium aus den Mitteln des Familienlastenausgleichsfonds. Um die Auszahlungshöhe und das Eintreiben kümmern sich aber die Kinder- und Jugendhilfeträger der Länder bzw. die Oberlandesgerichte.#

Kaum Möglichkeiten zur Steuerung

Diese mangelnden Möglichkeiten zur Steuerung und Einflussnahme des Familienministeriums stößt beim RH auf Kritik. Seine Empfehlung: "Es wäre darauf hinzuwirken, dass die Aufgaben-, Ausgaben und Finanzierungsverantwortung für Unterhaltsvorschüsse aufgrund der dort angesiedelten Kompetenzen beim BMJ (Justizministerium, Anm.) zusammengeführt wird."

Die offenen Forderungen im Ausmaß von 1,1 Milliarden Euro ließen das Familienministerium aufgrund der durchschnittlichen Einbringungsquote der vergangenen Jahre erwarten, dass rund 500 Millionen Euro bzw. rund 45 Prozent der Gesamtforderung uneinbringlich sein würden. Tatsächlich sei sie aber noch geringer, so der RH, denn bei der Justiz lag die Quote sogar nur bei fünf Prozent.

Unterschiedliche Quoten in Ländern

Im Bereich der Länder – untersucht wurden Stellen in Oberösterreich und Wien – waren die Quoten sehr unterschiedlich. Am besten schnitt Schärding mit 66 Prozent ab, der RH hob die dortigen "konsequenten Maßnahmen zur Hereinbringung" hervor. In den untersuchten Wiener Regionalstellen lag die Quote bei nur 36 Prozent, in Wels gar bei 29.

Kritisch sieht der RH auch, dass der Gesetzgeber bei der Gewährung von Unterhaltsvorschüssen von der strengen Bindung an einen Unterhaltstitel abgegangen ist. Dadurch erhielten minderjährige Kinder auch dann Geld, wenn der betreffende Elternteil unbekannten Aufenthalts war oder sich in Haft befand, und zwar mit – wegen der festgelegten Sätze – durchschnittlich um 40 bzw. 20 Prozent höheren Beiträgen (rund zwei Millionen Euro Mehraufwand, insgesamt rund zehn Millionen Euro). Tatsächlich handle es sich also um eine Sozialleistung, so der RH, und für diese sei die bedarfsorientierte Mindestsicherung vorgesehen. (APA, 1.6.2016)