Das leerstehende Backsteinhaus auf dem Gelände der Riedenburgkaserne dient als kreatives Zentrum und Salon für Diskussionen.

Foto: Initiative Architektur Salzburg

Anstatt Geschäftslokale in der Kleinstadt verwaisen zu lassen, nutzen sie zwei Künstler, zwei Architekten und die Bewohner der Stadt Haag zwei Monate lang.

Foto: Isabell Kneidinger

Salzburg/Haag – Leerstehende Gebäude, Räume und Geschäftslokale sind Zeugen der Veränderung sozialer und ökonomischer Strukturen. Zwei Projekte in Salzburg und Haag zeigen, dass Leerstand auch ein Raum ist für kreative Ideen, und legen den Schwerpunkt auf die temporäre Nutzung von leerstehenden Ressourcen.

In Salzburg widmen sich die Architekturtage von Donnerstag bis Samstag dem Wert des Potenziellen, des Ungenutzten, und laden dazu ein, über die Möglichkeiten von Leerstand nachzudenken. Stadterkundungen mit Eye-Tracking-Systemen, kunsthistorische Wanderungen, Spaziergänge mit Flüchtlingen und Ausflüge in die Zukunft der E-Mobiliät sollen den Teilnehmern andere Perspektiven ihrer Stadt eröffnen.

Ein leerstehender Backsteinbau auf dem Areal der alten Riedenburgkaserne dient als kreatives Zentrum und offene Denk- und Kunstwerkstatt des Architekturfestivals. Das Backsteinhaus ist Treffpunkt sowie Ausgangsort für die geführten Stadtspaziergänge, Exkursionen, Diskussionen oder Performances. Durch den Einsatz mobiler Elemente soll ein Café in der Tradition des Bildungssalons entstehen. Im "Salon Franziska" wird dazu eingeladen, über einen sozialen und nachhaltigen Umgang mit der Ressource Raum nachzudenken. Dabei sollen Grenzen der Wissensdisziplinen und Kunstgattungen überwunden werden.

Läden hüten in Haag

Der Leerstand ist auch in der Kleinstadt ein Thema. In der Stadt Haag in Niederösterreich bespielt ein Kunstprojekt im Rahmen des "Viertelfestivals NÖ – Mostviertel 2016" seit 20. Mai zwei Monate lang leerstehende Geschäftslokale. Die Wiener Künstler Isabell Kneidinger und Thomas Weinberger sowie die Architekten Connie Herzog und Gerfried Hinteregger setzten bei dem Projekt "Laden/Hüter – Haag revisited" Impulse zur Nachnutzung und binden auch die Bevölkerung ein.

Zu sehen ist eine Ausstellung in einem ehemaligen Geschäftslokal im Ortszentrum mit alten oder skurrilen Gegenständen und Fotografien von Haagern, die mit Geschichten der Leihgeber gespickt sind. Zu den "Haager Objekten" präsentieren die Künstler und Architekten eigene Arbeiten und kunsthistorische Positionen.

Wünsche an den Heimatort

Jeder Haager habe die Möglichkeit, am Kunstprojekt teilzunehmen. "So möchten wir mehr Bewusstsein für die zeitgenössische Kunst und eine Verbindung zur regionalen Kultur schaffen", sagt die Projektleiterin Isabell Kneidinger. Ebenso wird die Bevölkerung aufgerufen, Wünsche an den Heimatort zu formulieren. Bei der ehemaligen Postfiliale kann jeder Besucher auf Post-its Nachrichten und Ideen hinterlassen.

Auf dem Hauptplatz der Stadt Haag verwandelt das Quartett eine leerstehende Trafik in eine Camera obscura, und Auslagen ehemaliger Geschäfte werden zu Screens umfunktioniert, die Filme über die Stadt von den 1950er-Jahren bis heute im öffentlichen Raum ausstrahlen. Zu sehen sind beispielsweise Karnevalsumzüge, Sportereignisse oder andere Feste in der Stadt.

Der Leerstand wird auch beim Viertelfestival im kommenden Jahr zum Thema gemacht. Dazu sucht die Kulturvernetzung NÖ noch bis zum 20. Juni Künstler und Künstlerinnen mit Zwischennutzungsideen. (Stefanie Ruep, 29.5.2016)