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"Das Sicherheitsniveau im Großraumwagen ist generell höher, weil unser Personal da einen besseren Überblick hat und präsenter ist", sagt Michael Braun, Konzernpressesprecher der ÖBB-Holding

Foto: Helen King/Corbis

"Die Debatte kam sehr überraschend für uns", sagt Michael Braun, Konzernpressesprecher der ÖBB-Holding, über den Hashtag #imzugpassiert. Überraschend deswegen, weil die ÖBB "in den Zügen und auf den Bahnhöfen ein sehr hohes Sicherheitsniveau halte". 1,4 Millionen Reisende seien pro Tag in den Zügen der ÖBB unterwegs, zu Übergriffen käme es kaum: 106 gab es im Jahr 2015 auf ZugbegleiterInnen, das ist ein Rückgang um zehn Prozent. "Bedrohungen und Tätlichkeiten gegen Reisende" gab es im Jahr 2015 insgesamt 15, das sei ein Rückgang um 13 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Aber das objektive Sicherheitsniveau sei das eine, das subjektive Sicherheitsempfinden das andere.

Nachfrage bei ÖBB rückläufig

Faktum ist aber, dass die Frauenabteile, die es bei den ÖBB seit 2003 gibt, kaum nachgefragt werden, Tendenz fallend. "Nicht einmal zwei Prozent der allein reisenden Frauen buchen das Frauenabteil", so Braun. "Wir bieten das an, aber es ist rückläufig." Nur in den Nachtzügen sei die Nachfrage nach Frauenabteilen etwas höher als in tagsüber fahrenden Zügen. "Für uns ist das eher ein Komfortthema als ein Sicherheitsthema, zum Beispiel wenn Frauen mit Säuglingen ihre Ruhe beim Stillen haben wollen."

Er hält es für einen "Trugschluss", dass reine Frauenabteile die bessere Lösung wären. "Das Sicherheitsniveau im Großraumwagen ist generell höher, weil unser Personal da einen besseren Überblick hat und präsenter ist." "Wir wollen keine Segregation", sagt auch Traude Kogoj, Diversity-Beauftragte des Unternehmens.

Schulungen für das Servicepersonal für Deeskalation und Krisengespräche in Fällen von Belästigungen mit der Polizei gebe es bereits seit zehn Jahren, so Braun. "Weil wenn eine Frau sagt, da ist einer, der rückt mir auf die Pelle, da geht es auch um ein subjektives Sicherheitsgefühl."

Keine Züge ohne Personal bei der Westbahn

"Aus unserer Erfahrung ist das so gut wie kein Thema", sagt Pressesprecher Thomas Posch zur Situation bei der Westbahn. Und das aufgrund von unterschiedlichen Faktoren: Bei den Zügen der Westbahn sei immer eine hohe Zahl an Stewards an Bord, bei sechs Wagen immer minimal vier Stewards oder Stewardessen. Alle Wagen seien Großraumwagen und gut überschaubar, die Tatsache, dass die Fahrscheine im Zug gekauft werden könnten, führe dazu, dass das Zugpersonal laufend im Zug unterwegs sei, um Tickets zu verkaufen oder zu kontrollieren. "Dazu kommt, dass unsere Züge nur zu Zeiten hoher Frequenz unterwegs sind", sagt Posch. "Wir haben schlicht keine Züge, wo kein Personal drauf ist." Das sei gut auch für das subjektive Sicherheitsempfinden.

"Wenn, dann haben wir es eher mit Aggressionspotenzial gegenüber MitarbeiterInnen zu tun", erklärt er. Das sei im Vergleich zu "vor zwei, drei Jahren" seiner Einschätzung nach größer (die Westbahn gibt es seit 2008, Anm. d. Red.). Dabei gehe es aber um Fälle, bei denen Reisende sich weigerten, einen Fahrschein zu kaufen und in der Folge ohne Fahrschein auszusteigen. Natürlich gebe es auch bei der Westbahn interne Trainings zur Deeskalation. Was Übergriffe auf KundInnen betreffe, sei ihm kein einziger Fall bekannt. Deswegen werde bei der Westbahn auch nicht daran gedacht, Frauenabteile einzurichten.

Hintergrund der Debatte

Am 24. März 2016 führte die Mitteldeutsche Regionalbahn (MRB) Frauenabteile in den Zügen zwischen Leipzig und Chemnitz ein. Dies deshalb, weil auf dieser Strecke davor teilweise noch alte, schlecht beleuchtete Reisezüge aus DDR-Zeiten im Einsatz waren. Auf allen anderen Strecken der MRB werden Großraumwagen eingesetzt, es sind keine weiteren Frauenabteile geplant. Auch die DB will tagsüber keine getrennten Zugabteile für Frauen anbieten, auf den City-Nightline-Strecken ist es auf allen Verbindungen für allein reisende Frauen allerdings möglich, "Damenabteile" zu buchen. (Tanja Paar, 6.4.2016)