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Die Bank Austria zieht sich aus dem Privatkundengeschäft zurück – mit gutem Grund.

Foto: APA/Hochmuth

Vor drei Tagen hat die Bank-Austria-Filiale in meiner Gasse geschlossen, und nun überlege ich mir nach 35 Jahren mein Gehaltskonto aufzugeben und komplett zu einer Onlinebank zu wechseln, die keine Kontospesen verrechnet. Ich habe zuletzt die Filiale ohnehin kaum noch genutzt und fast alles online erledigt. Die gelegentliche Beratung in der Filiale war freundlich, aber wenig professionell.

Und obwohl die Bank von mir jedes Quartal abkassiert hat, hat sie kaum an mir verdient. Ich überziehe mein Konto kaum und wenn einmal mehr Geld darauf liegt, überweise ich es rasch an das Tagesgeldkonto einer Onlinebank. Und auch das Querverkaufen anderer Finanzprodukte hat bei mir kaum funktioniert. Die hohen Betriebs- und Personalkosten des Filialsystems sind in Österreich kaum zu verdienen.

Doppelt so viele Filialen wie andere

Das Beispiel zeigt, wie ineffizient und unproduktiv der österreichische Bankenmarkt ist – und warum es eine gute Entwicklung ist, dass meine Hausfiliale schließt und die Bank Austria kommende Woche möglicherweise bekannt geben wird, dass sie das Kundengeschäft überhaupt verkauft oder dramatisch reduziert.

Trotz einiger Bankenfusionen und zahlreicher Filialschließungen hat Österreich immer noch eine viel höhere Filialdichte als vergleichbare Länder und entsprechend geringe Gewinnmargen im Kundengeschäft. Das ist nicht nur schlecht für die Aktionäre, sondern für die gesamte Volkswirtschaft.

Buchhandlungen und Bäckereien sind anders

Nicht jede strukturell bedingte Schließungswelle ist positiv. Wenn Buchhandlungen schließen, dann geht ein Stück Lesekultur verloren, wenn Bäckereien zumachen, verlieren wir an Esskultur. Wenn Hausärzte verschwinden, verschlechtert sich für manche Menschen die Gesundheitsversorgung.

Aber die Bankfiliale an jeder Ecke – oder der typische Hauptplatz einer österreichischen Stadt mit Sparkasse, Volksbank und Raiffeisenkasse Tür an Tür – ist eine Verschwendung wertvoller Immobilien, Arbeitskraft und Kapital. Auch hier gingen in den vergangenen Jahrzehnten Milliarden verloren – nicht nur in den Wahnsinnsgeschäften der Hypo Alpe Adria und der Österreichischen Volksbanken (ÖVAG).

Schwerfälliger Sektor

Der Finanzsektor war und ist bei uns nicht gar so riesig wie in London und New York, aber im Verhältnis zur Größe der Volkswirtschaft dennoch überdimensioniert. Die Größe und die vielen Altlasten machen ihn schwerfällig. Die etablierten Banken sind kaum in der Lage, die neuen Möglichkeiten, die neue Technologien und Systeme für Finanzgeschäfte – ob Peer-to-Peer-Lending oder Crowdfunding – effektiv zu nutzen.

Man kann sagen, dass das "Overbanking" den Wettbewerb fördert und so die Preise niedrig hält. Aber der stärkste Wettbewerb kommt heute aus dem noch viel effizienteren Internet.

Ältere Menschen fürchten sich vor dem Online-Banking; sie vertrauen nur ihrem Bankberater. Aber das ist eine Illusion: Wir wissen von vielen Anlegerverfahren, wie schlecht die Banken ihre Kunden vor der Weltfinanzkrise 2008 beraten haben – und es teils noch heute tun. Die Bank im Ort ist auch für Pensionisten viel eher verzichtbar als das Postamt oder der Lebensmittelhändler.

Problem der unkündbaren Mitarbeiter

Wie die Bank Austria das Problem ihrer unkündbaren und – im Verhältnis zu ihrer Qualifikation – überbezahlten Mitarbeiter lösen wird, ist unklar. Aber deshalb die Filialschließungen herauszuzögern wäre ein Fehler, den die Unicredit-Zentrale in Mailand offenbar nicht mehr machen will. Und auch andere Banken werden bald folgen müssen. Auch ohne Bank Austria gibt es immer noch zu viele Filialen im Land.

Um die freundlichen Kundenbetreuer in meiner alten Filiale tut es mir leid – aber nicht um das Banksystem, mit dem wir alle aufgewachsen sind. Es muss sich völlig verändern oder wird untergehen. (Eric Frey, 8.11.2015)