Zwar sind die Eigentumsquoten hoch, die Unterkünfte sind aber desolat, Sanierung nötig, wie bei diesem Wohnhaus in Bulgarien.

Foto: Habitat for Humanity

Wie leben Menschen in Kirgistan, wie in Armenien? Alle zwei Jahre gibt eine Studie der Non-Profit-Organisation Habitat for Humanity zumindest einen kleinen Einblick in die Wohnverhältnisse in Europa und Zentralasien. Dieser "Housing Review Report" wird erst im November veröffentlicht, erste Ergebnisse wurden aber bereits vor kurzem bei einer Veranstaltung mit dem Urban Land Institute und der Wiener Anwaltskanzlei CHSH präsentiert.

Heuer wurden mit 15 Ländern weniger analysiert als noch vor zwei Jahren (siehe Infokasten): "Wir analysieren nur noch Länder, in denen wir schon gearbeitet haben oder in naher Zukunft arbeiten werden", erklärte Katerina Bezgachina von Habitat for Humanity. Die Eigentumsquote ist in den letzten zwei Jahren in der untersuchten Region weiter gestiegen, wie Studienautor Wolfgang Amann vom Institut für Immobilien, Bauen und Wohnen berichtete. Vielerorts liegt sie bei über 90 Prozent. Die Spitzenreiter: Armenien und Kirgistan mit 98 Prozent. EU-weit liegt diese Quote bei 70, in Österreich bei 55 Prozent – eine Quote übrigens, die Wohnbauforscher als nahezu ideal bezeichnen.

Niedrige Arbeitsmarktmobilität

Auch in Ländern mit hoher Eigentumsquote gibt es Mieter, so Amann. Gerade in den Hauptstädten würden Vermietungen oft informell, ohne Konsumentenschutz und ohne Verträge abgewickelt. In diesem Bereich sieht der Experte "massiven Handlungsbedarf". Nicht zuletzt würden die betroffenen Staaten nämlich auch auf erhebliche Einkünfte aus Steuern verzichten. Oftmals gebe es bei den Vermietungsverhältnissen auch eine "ethnische Dimension", betonte Valerie Morrica von der Weltbank bei einer Diskussionsrunde im Anschluss an die Präsentation. Oft seien die Mieter beispielsweise Roma, die gezwungen seien, unter schlechten Verhältnissen zu wohnen.

Das Budget für Instandhaltung und Sanierung fehlt den Eigentümern oft. "In vielen dieser Länder ist eine Verschlechterung der Bausubstanz wahrnehmbar", bestätigte auch Morrica – obwohl es in Ländern wie Polen Fortschritte gegeben habe. Eine weitere Folge der hohen Eigentumsquote ist laut der Expertin eine niedrigere Arbeitsmarktmobilität aufgrund fehlender Mietwohnungen in den Städten.

Ein Sektor zwischen Staat und Markt, ähnlich der Wohnungsgemeinnützigkeit, sei in vielen Ländern "aus mir unbekannten Gründen", so Amann, praktisch unbekannt. Demgegenüber würden Eigentumsmodelle für untere Einkommensschichten eine wachsende Rolle spielen. Spitzenreiter beim Wohnungsneubau ist Russland, wo derzeit 7,8 Wohnungen pro 1000 Einwohner fertiggestellt werden. Der EU-Schnitt liegt bei 2,9. Schlusslicht ist Bosnien-Herzegowina mit nur 0,3 Fertigstellungen pro 1000 Einwohner.

Thema Flüchtlinge

Auch die Wohnkostenbelastung unterscheidet sich stark: In Kirgistan und Tadschikistan liegen diese beispielsweise bei unter fünf, in Österreich sind es 21 Prozent. In vielen Ländern der ehemaligen Sowjetunion würden Energiekosten stark subventioniert, so Amann, um den Bewohnern das Überleben überhaupt zu ermöglichen. Problematisch sei die Situation, wo Energie zu Weltmarktpreisen verrechnet wird – die Einkommen aber deutlich unter jenen Westeuropas liegen.

Energiearmut ist laut Studie weit verbreitet. Oft liege das Problem auch an der Informationslage, so Morrica. Mitunter gebe es Subventionen für entsprechende Sanierungen, aber die Bevölkerung wisse nichts davon.

Großes Thema waren auch auf dem Podium die Flüchtlinge, die derzeit nach Europa kommen: Die Kurzzeitunterbringung sei vielerorts geglückt, sagte Reinhard Krepler, Präsident des Wiener Roten Kreuzes: "Aber das war die leichtere Aufgabe." ÖVI-Präsident Georg Flödl sprach sich dafür aus, mittels Bittleihe Leerstand zur Verfügung zu stellen. Laut Amann müssen "erhebliche Quantitäten" an Wohnversorgung geschaffen werden, um Spannungen am Wohnungsmarkt zu vermeiden – und zwar, so sein Wunsch, nicht in Containerdörfern. (Franziska Zoidl, 18.10.2015)