Der Vorteil, wenn man krank zur Buchmesse fährt, ist, dass man es dann hier nicht mehr zu werden braucht. Geheimnisvolle Seuchen sind es, die jeweils nach zwei Tagen die Reihen an den Buchmessenständen lichten. Was auch mit den schlafmindernden Verlagsfesten und der Luft in den Hallen zusammenhängen mag, gegen die sich Raucherlokale am Freitagabend wie Frischluftzonen ausnehmen.

Aber was tut man nicht alles. Gustav Mahler, nach dem man hier eine Straße benannt hat, soll als kleiner Junge die Frage, was er später denn einmal werden wolle, mit "Märtyrer" beantwortet haben. Von Kunst, dem Leben, von Meinungsfreiheit und vom Kampf mit allen dreien sprach auch der britische Autor Salman Rushdie (satanische Verse!), den man eigens zur Eröffnungspressekonferenz herangeflogen hatte. Während sich ansonsten bei derlei Gelegenheiten Funktionäre eher schlanke Gedanken über den Buchmarkt, seine düstere Zukunft etc. machen, bekam die Pressekonferenz, der Iran hat wegen Rushdies Auftritt seine Teilnahme an der Messe abgesagt, einen offiziös-politischen Anstrich.

Den Rushdie insofern enttäuschte, als er sich in seiner 20-minütigen Rede recht allgemein über Literatur, Meinungsfreiheit, Aufklärung und Religion äußerte. Keinen Zweifel ließ er allerdings daran, dass es sich beim freien Wort nicht allein um ein Recht, sondern vor allem um eine Pflicht handelt.

Bedroht sieht er Meinungsfreiheit, Rushdie machte das an Beispielen aus dem angelsächsischen Raum fest, nicht nur durch Repression und Gewalt, sondern auch durch Political Correctness und die Einengung des Diskussionsrahmens. Fragen zu alldem wollte der Dichter nicht beantworten, er musste gleich wieder, der Flieger wartete. (Stefan Gmünder aus Frankfurt, 13.10.2015)