Russlands Präsident Wladimir Putin fackelte nicht lange, nachdem im Gespräch mit seinem US-Gegenpart Barack Obama klar geworden war, dass man sich zum Thema Syrien zwar etwas annähern, aber nicht zusammenkommen könne: Russland hat am Mittwoch, nach vorangegangener Autorisierung durch das russische Parlament und – das ist die gute Nachricht – Information der USA, die ersten Angriffe in Syrien geflogen und damit den eigenen "war on terror" aufgenommen.

Die eigentliche Überraschung besteht jedoch darin, dass nicht der "Islamische Staat", gegen den auch die USA eine Luftallianz aufgestellt haben, Ziel des ersten russischen Schlags war. Laut US-Angaben wurden die Einsätze nördlich von Homs geflogen, wo die Rebellenpräsenz vielfältig ist: Da gibt es die syrische Al-Kaida-Filiale Nusra-Front, die türkisch gestützten Ahrar al-Sham, die sich zuletzt um eine Imageverbesserung bemühten – radikale Islamisten bleiben sie trotzdem -, aber auch Gruppen, die der vom Westen gesponserten Opposition zugerechnet werden.

Wenn sich diese Angaben auch bei gelichtetem Gefechtsnebel bestätigen, dann hat Russland zwei Dinge klargemacht: Es interveniert nicht (nur) gegen den IS, sondern für das Assad-Regime. Und es geht nicht – wie spekuliert wurde – um die Sicherung der Küstenzone als Assad-Hochburg, sondern um einen auch geografisch breiter angelegten Einsatz. Eine neue Phase im Syrien-Krieg beginnt. (Gudrun Harrer, 30.9.2015)