Auch nach mehr als 40 Stunden Verhandlungspoker war am Ende überhaupt nicht klar, welches der beiden Koreas denn nun nachgegeben hat. Immerhin ist eine Einigung herausgekommen, mit der alle Anwesenden ihr Gesicht wahren konnten. Nordkorea druckste sich zwar um die geforderte Entschuldigung für die Landminenexplosion herum, bekundete aber immerhin Bedauern. An dessen Aufrichtigkeit darf jedoch gezweifelt werden, denn nur wenige Stunden später stritt der Verhandlungsführer und zweitmächtigste Mann im Land, Hwang Pyong-so, im Staatsfernsehen erneut jegliche Verantwortung ab.

Und so darf bereits gewettet werden, wann die nächste innerkoreanische Krise folgt. Schon jetzt ist sicher, dass auch beim nächsten Säbelrasseln die Medien erneut reihenweise auf das vorhersehbare Katz-und-Maus-Spiel hereinfallen und einen drohenden Krieg herbeischreiben werden. Noch hat sich offenbar nicht herumgesprochen, dass Kim Jong-un kein Abziehbild eines Dr. Strangelove ist, sondern durchaus eine gesunde Portion Selbsterhaltungstrieb besitzt.

Der größte Erfolg der Verhandlungen ist die Aussicht auf eine Zusammenführung der seit 70 Jahren getrennten Familien, die beide Seiten für Oktober angedacht haben. Traurig, dass dafür ein 43-stündiger Verhandlungsmarathon nötig war. Zumindest ist jetzt mit der Lautsprecherbeschallung Schluss. (Fabian Kretschmer, 25.8.2015)