"Curen" wie zur Kaiserzeit sind ein beliebtes – und auch für Touristen gepflegtes – Klischee. Aber in der Praxis müssen die Kurgäste einem strengen Therapieplan folgen, sagt die Pensionsversicherung

Foto: Tourismusverband Bad Gleichenberg

Wien – Mit seinem Vorstoß, Kuraufenthalte "wegzubringen vom subventionierten Quasiurlaub", findet Peter McDonald, Chef des Hauptverbands der Sozialversicherungsträger, volle Unterstützung durch den Geschäftsführer des Heilbäder- und Kurorteverbands, Kurt Kaufmann. Allerdings mit einer Relativierung, die Kaufmann im Gespräch mit dem STANDARD unternimmt: "Wir machen das seit mindestens drei Jahren, die Vorstellung, dass eine Kur ein Urlaub ist, ist völlig veraltet."

Jeder, der auf Kosten der Versichertengemeinschaft auf Kur geht, muss in den typischerweise drei Wochen mindestens 60 Einheiten an verschiedenen Anwendungen absolvieren.

Ärztliche Aufsicht

Die Verschreibung und Anwendung der während einer Kur verabreichten Therapien erfolgt durch Kurärzte, die dafür eigens ausgebildet sind. Dabei geht es um Fitnesstraining genauso wie um medizinische Behandlungen – vor allem aber zielen die Kuren auf eine Umstellung des Lebensstils ab. Dies ist auch McDonald ein wesentliches Anliegen.

Denn im Sinne der Sozialversicherung ist es, dass die Kurgäste nach der Behandlung fitter und gesünder an den Arbeitsplatz zurückkehren und nach Möglichkeit länger im Erwerbsprozess bleiben können.

Unangemeldete Kontrollen

Alles, was während der Kur passiert, muss genau dokumentiert werden – "und diese Aufzeichnungen werden von der Pensionsversicherungsanstalt, die bei den Kuren federführend ist, auch penibel und unangemeldet kontrolliert".

Was aber, wenn der Kurgast nicht kooperiert? Kaufmann: "Ich kann nicht hinter jedem Kurgast stehen – wenn der am Abend zum Heurigen geht oder in der Kurkonditorei eine 'Kurschnitte' isst, auch wenn er auf eine kohlenhydratärmere Kost umsteigen sollte, ist das seine Sache."

Heimliche Raucher

Wird ein Gast also nicht heimgeschickt, wenn er auf Kosten der Sozialversicherung ein Rauchentwöhnungsseminar besucht und dann erwischt wird, dass er doch heimlich raucht?

Nein, so weit gehe das nicht, sagt Kaufmann. Aber wenn jemand konsequent bei den verordneten Behandlungen fehlt oder zwischendurch unerlaubt nach Hause fährt, dann könne die Kur (und die damit verbundene Dienstfreistellung auf Kassenkosten) auch zwangsweise abgebrochen werden. In der Praxis dürfte das allerdings eher selten vorkommen.

Volkswirtschaftliche Effekte

Insgesamt lobt Kaufmann die volkswirtschaftlichen Vorteile des Kurwesens – und zwar nicht nur im Bereich der Volksgesundheit und der Prävention, sondern auch in regionalpolitischer Hinsicht: "Wenn es im Waldviertel keine Kurbetriebe gäbe, dann hätten wir bald gar keine Übernachtungen mehr dort."

Zudem gehen vom Kurwesen starke beschäftigungspolitische Impulse aus: Eine von Gottfried Haber (Donau-Universität Krems) für das Jahr 2013 durchgeführte Analyse ergibt, dass im Kurwesen je 100 Betten 39 Arbeitsplätze generiert werden. Und man müsse gegenrechnen, meint Kaufmann: Er wünscht sich eine volkswirtschaftliche Studie über die dämpfenden Effekte von Kuren etwa auf geringere Spitalsaufenthalte oder Medikamentenkosten.

Generaldirektor Winfried Pinggera von der Pensionsversicherungsanstalt PVA erläuterte im Ö1-"Mittagsjournal", dass die "Kur neu" bei den Patienten ein Bewusstsein dafür schaffe, dass sie auf sich selbst und ihre Gesundheit schauen müssen. (Conrad Seidl, 10.8.2015)