In Änderungen beim "Überbrückungsgeld" für Bauarbeiter sieht Neos-Sozialsprecher Gerald Loacker einen erleichterten Zugang zu einer Form der Frühpension. SPÖ-Gewerkschafter Josef Muchitsch hingegen spricht von einer Vereinfachung für einige wenige Härtefälle.

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Wien – Neben einem Rauchverbot in der Gastronomie hat der Nationalrat am Mittwoch unter anderem auch die Teilpension abgesegnet, und zwar mit den Stimmen der Koalition und des Teams Stronach. Es handelt sich dabei um eine Art zusätzliche Altersteilzeit, die ab dem 62. Lebensjahr in Anspruch genommen werden kann. Damit besteht diese Option vorerst nur für Männer, was bei der Opposition für laute Kritik sorgte. Frauen haben keinen Anspruch, weil ihr Regelpensionsalter bis zu einer schrittweisen Anpassung ab 2024 bei 60 liegt.

Gehaltseinbußen abgefedert

Konkret sieht die Teilpension vor, dass die Arbeitszeit zwischen 40 und 60 Prozent reduziert werden kann. Für Gehaltseinbußen ist ein 50-prozentiger Lohnausgleich vorgesehen. Dem Arbeitgeber werden sowohl der Lohnausgleich als auch die Kosten für die Weiterzahlung der vollen Sozialversicherungsbeiträge ersetzt.

Das Geld wäre besser in Qualifizierungsmaßnahmen und in die Schaffung neuer Jobs etwa im Bildungs- und Pflegebereich investiert, sagte die Sozialsprecherin der Grünen, Judith Schwentner.

Hundstorfers Angebot

Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) sprach hingegen von einem Angebot: "Geh nicht in Pension, mach weiter!" Mehrkosten gebe es keine. In der Begutachtung monierten sowohl das Finanzministerium als auch der Rechnungshof, dass ein höheres Antrittsalter teuer erkauft würde.

"Die Teilpension ist grundsätzlich eine vernünftige Maßnahme, weil Erwerbstätigen ein gleitender Übergang in die Pension ermöglicht wird", meint dazu Christine Mayrhuber, Pensionsexpertin des Wirtschaftsforschungsinstituts. Wichtiger, um die Erwerbsquote älterer Arbeitnehmer zu erhöhen, sei aber ein Fokus auf die Arbeitslosigkeit. Es werde weitere Maßnahmen brauchen, insbesondere das schon lange diskutierte Bonus-Malus-System.

Wolfgang Panhölzl, Pensionsexperte der AK Wien, pflichtet bei: Die Teilpension könne einen Beitrag leisten, das große Problem der schwachen Erwerbsquote aber nur mit weiteren Schritten gelöst werden. Insbesondere bei der Gruppe der über 60-Jährigen hinke man den im Regierungsprogramm verankerten Zielen nach.

Leichterer Abschied vom Bau

Die Gewerkschaft freut sich indes über ein Detail des ebenfalls beschlossenen Sozialbetrugsbekämpfungspakets. Demnach verändert sich der Beobachtungszeitraum, der darüber entscheidet, ob jemand das sogenannte Überbrückungsgeld bekommt. Bauarbeiter haben die Möglichkeit, vor Pensionsantritt diese Leistung in der Größenordnung des zuletzt bezogenen Lohns zu beziehen.

Als Beispiel für die geänderten Kriterien: Hat ein Bauarbeiter mit 15 seine Lehre begonnen, kann er nach 45 Versicherungsjahren, also frühestens mit 60, in Schwerarbeitspension gehen. Davor kann er ein Jahr lang Überbrückungsgeld beantragen, also mit 59. In dem Fall ändert sich nichts. Hat er allerdings erst zu einem späteren Zeitpunkt seine 45 Beitragsjahre zusammen, muss er nicht mehr innerhalb von zwei Jahren die ebenfalls notwendigen 30 Beschäftigungswochen vor Antragstellung zusammenkratzen, sondern kann alle ab seinem 56. Lebensjahr geltend machen.

Bedenken der Neos

Für Gerald Loacker, Sozialsprecher der Neos, ein erleichterter Zugang zu einer Frühpensionsleistung. "Ich halte es für höchst bedenklich, wenn der Gesetzgeber in der heutigen Zeit derartige Signale für frühere Pensionsantritte sendet", kritisiert er.

Josef Muchitsch, Vorsitzender des Sozialausschusses und der Gewerkschaft Bau-Holz, bezeichnet die Änderung hingegen als eine reine Vereinfachung der Anspruchsfeststellung. Die Finanzierung sei für maximal 1.800 neue Überbrückungsgeldbezieher pro Jahr gesichert. Bisher gebe es erst 300 davon. Nur 80 bis 100 Bezieher kämen mit der neuen Regelung dazu, meint Muchitsch. (Simon Moser, 9.7.2015)