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Haris Theoharis im Jahr 2013, damals noch Generalsekretär im griechischen Finanzministerium.

Foto: REUTERS/John Kolesidis

STANDARD: Glauben Sie, es kommt überhaupt zu einem Referendum am nächsten Sonntag? Ist das realistisch, eine Abstimmung binnen sieben Tagen aufzustellen?

Theoharis: Das ist schon sehr schwierig. Wir müssen abwarten und sehen, wie die Regierung das organisieren will. Ich bin mir da nicht sicher, aber ich habe auch nicht die Erfahrung von jemanden, der im Innenministerium arbeitet. Die Bürger haben jedenfalls sehr wenig Zeit, um sich Gedanken über diese Abstimmung zu machen. Das ist ein großes Problem. Es ist einfach nicht richtig von der Regierung, den Menschen nur so wenig Zeit zum Nachdenken zu geben.

STANDARD: Das Kreditabkommen, um das es beim Referendum geht, läuft am Dienstag aus.

Theoharis: Ganz genau. Deshalb glauben wir auch, dass diese Volksabstimmung nur gemacht wird, um Griechenland aus der Eurozone zu bringen. Es ist keine Abstimmung, bei der die Leute zwischen zwei Dingen entscheiden könnten, die existieren. Der Umstand, dass die Regierung mit dem Referendum weitermachen will, obwohl es das Angebot für ein Kreditabkommen nicht mehr gibt, zeigt uns, dass sie einen versteckten Plan verfolgt, das Land zurück zur Drachme zu bringen.

STANDARD: Was glauben Sie, wie werden sich die Griechen entscheiden?

Theoharis: Das ist im Moment schwer zu sagen. Wir wissen nicht, was nächste Woche alles passiert. Werden die Banken offen sein? Alles hängt derzeit in der Luft. Wir haben auch nicht wirklich Umfragen, um zu verstehen, wie die Leute denken.

STANDARD: Was macht nun To Potami, Ihre Partei?

Theoharis: Wir stellen eine Kampagne für das Ja auf die Beine. Wir glauben, es geht um das Ja zu Europa. Europa ist die Zukunft unserer Kinder. Nein bedeutet Nein zum Wohlstand.

STANDARD: Gewinnt das Ja, ist es mit der Regierung von Herrn Tsipras doch vorbei, oder?

Theoharis: Nun, das sehen wir erst, wenn es so weit ist. Die Regierung hat erklärt, sie würde nicht zurücktreten. Selbst wenn die Menschen Ja zu einem Abkommen mit den Kreditgebern sagen, würde die Regierung versuchen, wieder mit den Verhandlungen zu beginnen, aber nach einer Weile sagen: Wir konnten keine Vereinbarung erzielen, und nun müssen wir zur alten Währung zurückkehren. Das ist ohnehin der Plan dieser Regierung. (Markus Bernath aus Athen, 29.6.2015)