Nach teilweise dramatischen Kurskapriolen zu Beginn der Handelssitzung entspannte sich die Lage an den Finanzmärkten im weiteren Verlauf spürbar.

Am treffendsten hat wohl ein Händler in Frankfurt die erste Reaktion der Finanzmärkte auf den Punkt gebracht: "Die Devise heißt: raus aus allem, was riskant erscheint." Dieser Logik folgend wurden zu Wochenbeginn die Börsen in Europa von der Verschärfung der Griechenland-Krise zunächst überrollt. Nach einem ersten Schock zu Handelsbeginn konnten sich die Aktienmärkte im Handelsverlauf die Kursverluste jedoch wieder einigermaßen eingrenzen.

Zu Handelsschluss lag der Deutsche Leitindex Dax mit rund 3,6 Prozent in der Verlustzone, zu Beginn der Sitzung waren die Abschläge noch um einen Prozentpunkt höher ausgefallen. Ähnlich reagierten andere Börsen, wobei die zwischenzeitliche Erholung in Mailand oder Wien weniger deutlich ausgefallen ist. Auch an der Wall Street wurden die Aktienkurse in die Tiefe gedrückt.

Verluste bei Aktien überzogen

Griechische Aktien waren am Montag an offiziellen Börsen zwar ausgesetzt, außerbörslich stürzten hellenische Banken jedoch kräftig ab. Auf der Handelsplattform des Finanzdienstleisters Lang & Schwarz wurde etwa die Piräus-Bank um rund ein Drittel tiefer als am Freitag gehandelt. Wobei Banken am Montag in Europa generell unter stärkerem Druck standen.

Darüber hinaus stellen für Helge Rechberger, Leiter der Aktienmarktanalyse bei der Raiffeisen Bank International, die Abschläge eine leichte Übertreibung dar: "In der vergangenen Woche waren die Börsen zu optimistisch, zu Beginn dieser Woche wohl etwas zu pessimistisch." Rechberger rechnet daher damit, dass sich die Aktienmärkte in dieser Woche zwar mit stärkeren Schwankungen präsentieren werden, aber auch "mit der Chance auf etwas höhere Kurse".

Auch Chefanalystin Monika Rosen-Philipp vom Private Banking der Bank Austria sieht die Entwicklung nicht dramatisch. "Natürlich steckt viel Unsicherheit im Markt. Aber nach den starken Anstiegen im ersten Halbjahr wird Kasse gemacht." Ihrer Ansicht nach könnte gegen Ende der Woche vor dem Referendum in Griechenland nochmals Verkaufsdruck in die Märkte kommen. Aber generell hält Rosen-Philipp die Lage für weit weniger brisant als nach der Lehman-Pleite im Jahr 2008: "Die Ausprägungen sind gar nicht zu vergleichen."

Am Markt für europäische Staatsanleihen wurden sichere Anlagen wie deutsche Bundesanleihen stark nachgefragt, die Rendite für zehnjährige Papiere sank dadurch von 0,90 auf rund 0,74 Prozent. Im Gegenzug kam bei Staatspapieren aus der Peripherie der Eurozone Verkaufsdruck auf. Gudrun Egger, Chefin des Credit Research der Erste Group sieht darin aber "keine dramatische Situation." Die Lage habe sich etwas zugespitzt, kurzfristig rechnet sie mit etwas höherer Schwankungsfreudigkeit bei Staatsanleihen.

Die Rendite zehnjähriger, portugiesischer Papiere legte um 0,35 auf rund drei Prozent zu, Italien muss für Ausleihungen über zehn Jahre knapp 2,4 Prozent bezahlen, das ist ein Viertelprozentpunkt mehr als am Freitag. Moderate Niveaus, verglichen mit den Höchstständen von Ende 2011: Damals rendierten italienische Papiere über sieben Prozent.

Unterstützend wirken die Anleihenkäufe der Europäischen Zentralbank (EZB) über 60 Milliarden Euro monatlich, die etwa auch italienische Papiere umfassen. Sollte dennoch ein anderes Land in den Griechenland-Strudel geraten, kann die EZB eine bisher nicht eingesetzte Waffe zücken: das sogenannte OMT-Programm. Damit kann die EZB gezielt Anleihen kriselnder Eurostaaten erwerben, um die Renditen auf ein erträgliches Maß zu drücken.

US-Staatsanleihen hat die griechische Schuldkrise deutliche Kursgewinne beschert. Überraschend stark präsentierte sich zu Wochenbeginn der Euro: Nach einem Einbruch im asiatischen Handel konnte die Gemeinschaftswährung im weiteren Verlauf das Niveau von Freitag wieder erreichen.

Die Ratingagentur Standard & Poor's stufte die Kreditwürdigkeit Griechenlands weiter auf "CCC-" herab, was einer Stufe vor dem kompletten Zahlungsausfall entspricht. (Alexander Hahn, 29.6.2015)