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Norbert Darabos verabschiedet sich als Landesrat ins Burgenland, Werner Faymann hält an der Spitze der Bundespartei noch die Stellung

Foto: APA/GEORG HOCHMUTH

Wien – Zumindest zwei dringliche Fragen beschäftigen die SPÖ, eine davon interessiert auch die ÖVP: Wer wird Nachfolger von Norbert Darabos als Bundesgeschäftsführer? Das ist wiederum der ÖVP herzlich egal. Die andere Frage: Wie lange hält sich Werner Faymann als SPÖ-Chef und Bundeskanzler? Über die Darabos-Nachfolge wird offen diskutiert, über die Option einer Faymann-Ablöse nur hinter vorgehaltener Hand.

Die Parteiaustritte, die aus den Landesorganisationen der SPÖ gemeldet werden, heizen die Debatte über die Führungsschwäche jedenfalls kräftig an. In Tirol richtet SPÖ-Landeschef Ingo Mayr seinen Genossen in Wien, Graz und Eisenstadt aus: "Um die Macht zu erhalten, mit der FPÖ zu koalieren, diffamiert uns vor den Menschen. Von einem gelungenen Experiment zu sprechen empfinde ich schlichtweg als Hohn. Gerade die Landtagswahlen in der Steiermark und im Burgenland haben gezeigt, dass eine Anbiederung an die Blauen nichts bringt und die Stammwählerschaft weiter bröckeln lässt."

Weitere Austritte

Im Burgenland verabschieden sich SPÖ-Mitglieder von ihrer politischen Heimat. Miriam Herlicska, Gemeinderätin in Oberwart, nahm am Dienstag ebenso den Hut wie Andreas Posch, Landesobmann der Kinderfreunde, der enttäuscht facebookte: "Nach fast 40 Jahren Lebensgemeinschaft gebe ich hiermit meine Trennung von der SPÖ bekannt."

Auch Erika Stix, die Witwe von Hans Niessls Vorgänger Karl Stix, tritt aus der Partei aus. "Jetzt reicht es mir!", erklärte sie im Gespräch mit dem STANDARD, sie habe nun ein Zeichen setzen müssen. Mit 15 trat Erika Stix der Sozialistischen Jugend bei, "16 Jahre war ich Obmann-Stellvertreterin, den Karl hab ich da ja erst kennengelernt". Den Weg mit Blau könne sie nun nicht mitgehen, "ich bleibe noch bei der Volkshilfe", ansonsten würden sich die Wege trennen. "Das ist nicht einfach nach 64 Jahren." Aber auch mit 80 "muss man Protest einlegen".

Schwierige Suche

Die Debatte um den Kurs macht auch die Suche nach einem Darabos-Nachfolger nicht einfacher: Wer tut sich das an, wenn es möglicherweise schon bald wieder eine neue Rochade gibt? Christian Horner, derzeit schon im Vorzimmer von Kanzler Faymann, würde sich das antun, hat aber einen Fehler: Er ist Oberösterreicher und kein Wiener. Und Faymann ist derzeit sehr darum bemüht, dem Wiener Bürgermeister Michael Häupl alles recht zu machen, was einen Wiener – oder eine Wienerin – an der Spitze der Parteizentrale bedingen könnte.

In der Partei hat es durchaus für Verwunderung gesorgt, dass der Kanzler nicht gleich einen Nachfolger präsentierte. Seit 14 Tagen habe man parteiintern mit einem Abgang von Darabos gerechnet. Im Gespräch sind jetzt etwa Christian Deutsch, derzeit im Kabinett von Minister Josef Ostermayer und früher Geschäftsführer der Wiener SPÖ, Katharina Kucharowits, mit 32 Jahren eine der jüngsten Abgeordneten der SPÖ, Andrea Brunner, Bundesfrauengeschäftsführerin, und Tanja Wehsely, Gemeinderätin aus Wien.

Im Scherz wird auch Laura Rudas genannt, was Faymanns Zögern erklären wurde: Rudas macht derzeit in den USA eine Ausbildung. Ganz klar abgesagt hat jedenfalls Josef Kalina, der diesen Job bereits hatte: "Ich bin mittlerweile einer der erfolgreichsten PR-Unternehmer des Landes. Daher ist das keine Option für mich."

"Umdenkprozess"

Integrationsminister Sebastian Kurz hofft, dass es in der SPÖ nun auch in inhaltlichen Fragen Veränderungen gibt: "Es gibt im Integrationsbereich einige Punkte, wo die SPÖ aus ideologischen Gründen unsere Vorschläge abgelehnt hat. Ich hoffe, dass es einen Umdenkprozess in der SPÖ gibt."

Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll macht sich bereits Sorgen um die Bundesregierung: "Die Stärke einer Regierung bestimmen alle Partner miteinander. Ich habe den Eindruck, dass das eine oder andere Mal die Gemeinsamkeit fehlt. Ich leite das ab aus Wortmeldungen aus der SPÖ in den vergangenen Tagen. Da gibt es ja Aufforderungen an den Bundeskanzler und SPÖ-Vorsitzenden, er soll endlich regieren und nicht nur kommentieren und dergleichen mehr. Wenn das aus den eigenen Reihen kommt, dann dürfte das auch einen entsprechenden Wahrheitsgehalt haben. "

ÖVP-Chef und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner stellte klar, dass es aktuell keinen Grund für einen fliegenden Wechsel in der Bundesregierung gebe. (go, mika, völ, wei, smo, 10.6.2015)