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Norbert Darabos (links) wird im rot-blauen Kabinett von Hans Niessl Soziallandesrat.

APA/Pessenlehner

Wien – SPÖ-Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos wechselt "mit einem lachenden Auge" in sein Heimatbundesland und wird dort Landesrat für Soziales und Gesundheit in der neuen rot-blauen Regierung. Was DER STANDARD schon vorab erfahren hatte, wurde Montagmittag in Eisenstadt offiziel: Darabos wird die Parteizentrale in Wien verlassen und sagte dazu auch ganz offen: "Ich bin schon froh, wieder im Burgenland zu sein."

Er hatte sich mit seinen Äußerungen über Rot-Blau, das aus seiner Sicht durchaus auch ein "gelungenes Experiment" werden könnte, viel parteiinternen Unmut zugezogen. So hatte ihn die Vizeklubchefin der SP Wien, Tanja Wehsely, als Erste zum Rückzug aus seinem Parteiamt aufgefordert.

Montagmittag hat Hans Niessl sein rotes Regierungsteam in Eisenstadt offiziell präsentiert. Neben Darabos, in dessen Arbeitsbereich auch Arbeitsmarkt und Asyl fallen, wurde als jüngstes Mitglied der Landesregierung die 31-jährige Astrid Eisenkopf für das "Zukunftsressort" mit den Agenden Umweltschutz und Jugend vorgestellt. Verena Dunst behält die Agenden für Frauen, Familien und Dorferneuerung. Helmut Bieler, ebenfalls schon bisher Landesrat, kümmert sich weiter um Kultur, Infrastruktur und Finanzen. Niessl selbst will den gesamten Bildungsbereich übernehmen.

Umbesetzungen gibt es auch im Landtag: Neuer Landtagspräsident wird der bisherige SPÖ-Klubobmann Christian Illedits. Ihm folgt als Klubchef Landesgeschäftsführer Robert Hergovich nach, gab Niessl bekannt.

Länder und Gemeinden sollen mit FPÖ koalieren dürfen

Die Bundes-SPÖ befasst heute, Montag ihre Parteigremien mit der am Freitag verkündeten Koalition mit der FPÖ im Burgenland. Um 18 Uhr kommt das Bundesparteipräsidium in Wien zusammen, dort soll Landesparteichef Hans Niessl Bericht erstatten. Auch die Regierungsbildung in der Steiermark soll Thema sein.

Das Nein zu einer Koalition mit der FPÖ auf Bundesebene soll im Präsidium bekräftigt werden. Darüber hinaus soll es künftig den Ländern und Gemeinden freigestellt werden, mit wem sie koalieren.

Diese Stoßrichtung widerspricht den Parteitagsbeschlüssen aus den Jahren 2004 und 2014. Damals hieß es, es dürfe "keine Koalition mit der rechtspopulistischen FPÖ" geben – und zwar "auf allen politischen Ebenen". Aus der SPÖ heißt es auf STANDARD-Anfrage, bereits jetzt hätten die Länder freie Hand bei der Regierungsbildung gehabt. In den Statuten sei nicht geregelt, dass Bundestagsbeschlüsse die Eigenständigkeit der Länder "overrulen". Der Beschluss im heutigen Parteipräsidium soll die bereits übliche Praxis lediglich "formalisieren".

Bundeskanzler Werner Faymann kündigte am Sonntag an, man werde bei der Präsidiumssitzung aber auch inhaltlich diskutieren, etwa darüber, wie sich die SPÖ künftig in "wichtigen Fragen" wie etwa in Bezug auf Asylwerber, Integration oder Arbeitsmarkt so aufstellen kann, dass die Bevölkerung erkennt, dass man daran arbeitet.

Um seine Funktion als Bundesparteivorsitzender werde es nicht gehen, sagte Faymann auf eine entsprechende Frage: "Keine Sorge."

Vielleicht muss sich Faymann doch Sorgen machen, denn der Tiroler SP-Chef Ingo Mayr erwartet sehr wohl auch eine Diskussion über die Parteispitze. Doch nicht nur über die Arbeit der Führung, sondern "von uns allen" müsse gesprochen werden. Es werde jedenfalls "sehr sehr offene Worte" geben, meinte der Tiroler Vorsitzende.

Er sei "nicht einer Meinung" mit SPÖ-Chef Faymann, dass Rot-Blau zwar auf Bundesebene nicht infrage komme, eine Zusammenarbeit mit der FPÖ auf Landesebene aber den dortigen Verantwortlichen überlassen sei. "Das sehe ich anders", erklärte Mayr.

Häupl hält Rot-Blau für "völlig falsch"

Einer, der das bekanntermaßen auch anders sieht, ist der Wiener Bürgermeister Michael Häupl, der im Herbst eine Wahl schlagen muss. Er betonte am Montag: "Ich halte die Entscheidung meiner burgenländischen Freunde für völlig falsch. Das hat nichts mit einer Ausgrenzungspolitik zu tun. Das hat inhaltliche Gründe." Die FPÖ sei als Ganzes zu sehen, denn sie mache als Ganzes Politik.

Darum sei für ihn in Wien eine Koalition mit den Freiheitlichen, bei denen es auch in Wien "den einen oder anderen verträglichen FPÖler" gebe, "denkunmöglich", sagte Häupl.

Ob die Entscheidung der SPÖ insgesamt schaden werde, sei offen: "Das wird man sehen." Es komme darauf an, wie die Diskussion geführt werde. "Lustig ist es natürlich nicht", konstatierte der Bürgermeister. Kritik an Bundesparteichef Werner Faymann ließ er nicht gelten: "Was hätte er denn tun sollen?" Die SPÖ sei keine Organisation, in der der "Führer" befehle und alle folgen würden.

Junge Generation hofft auf Häupl

Häupl ist auch die Hoffnung der Jungen Generation Wien. Auf ihn zählt deren Vorsitzender Marcus Gremel, der davon ausgeht, dass sich viel Vertreter im Bundesparteivorstand an den Beschluss beim Bundesparteitag halten. Er kann sich im STANDARD-Gespräch jedenfalls nicht vorstellen, dass im Bundesparteipräsidium ein Beschluss gefällt wird, der den Ländern künftig eine Koalition mit der FPÖ freistellt. "Das kann nicht der Weg sein."

Erst beim letzten Parteitag sei einstimmig der Beschluss gefallen, dass eine Koalition mit der FPÖ "auf allen politischen Ebenen" auszuschließen ist. Den Bundesparteitagsbeschluss durch einen Beschluss im Bundesparteivorstand aufzuheben, sei "statutarisch nicht möglich, denn man kann sich nicht über einen Beschluss des Bundesparteitages hinwegsetzen". Sollte Faymann trotzdem auf dem eingeschlagenen Kurs beharren, werde er mit den anderen Jugendorganisationen beraten, "was zu tun ist".

Gefragt, ob Faymann noch der richtige Vorsitzende für die Sozialdemokratie ist, sagt Gremel: "Dazu möchte ich gerne erst etwas sagen, wenn das Präsidium getagt hat." Im Gespräch mit dem STANDARD begrüßt er die Ablöse Norbert Darabos' als Bundesgeschäftsführer der SPÖ. Dieser habe sich mit seinem Lob für Rot-Blau im Burgenland als gelungenes Experiment disqualifiziert.

Rot-Blau für Spitzengewerkschafter "absolut unverstellbar"

Auch sozialdemokratische Spitzengewerkschafter lehnen Rot-Blau nachdrücklich ab. Für Metaller-Chef Rainer Wimmer ist solch eine Zusammenarbeit auf Bundesebene "absolut unvorstellbar". FSG-Vorsitzender Wolfgang Katzian lehnte eine Koalition mit der FPÖ als "extrem rechter" Partei ebenfalls klar ab. Dass sich der burgenländische Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ) für eine Zusammenarbeit mit den Freiheitlichen entschieden hat, habe seine Vorstellungskraft als Sozialdemokrat überstiegen, meinte Katzian am Rande der Nationalratssitzung.

Für die Bildungsministerin und SPÖ-Frauenverantwortliche Gabriele Heinisch-Hosek ist auf Bundesebene keine Zusammenarbeit mit "dieser FPÖ in irgendeiner Form" denkbar. (nim, burg, APA, 8.6.2015)