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In Wien sicher nicht, urteilt Michael Häupl mit Blick auf die rot-blaue Koalition im Burgenland. Kanzler Werner Faymann will dort lieber gar nicht so genau hinschauen.

Foto:APA/Neubauer

Kaum hatte Hans Niessl der Facebook-Gemeinde seinen donnerstäglichen Besuch beim Gustav-Adolf-Fest verkündet, prangte schon das erste rot-blau unterlegte Nein auf seiner Pinnwand. Nicht, weil irgendjemand etwas gegen die Kombination burgenländischer Landeshauptmann und "Retter des Protestantismus" hätte. Das Nein der Gruppe "Gegen Rot-Blau" richtet sich mehr gegen die am Donnerstag gestarteten Koalitionsverhandlungen zwischen Niessls SPÖ und den von Johann Tschürtz geführten Blauen.

Abseits der mit 2500 "Likes" ausgestatteten Social-Media-Kampagne (Initiatorin: SJ-Chefin Julia Herr) war die Aufregung in den roten Reihen durchwachsen. Hinter die Verständnisvollen reihten sich die Empörten. Am häufigsten anzutreffen: die Enthaltsamen.

Der Reihe nach: SPÖ-Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos hat persönlich "kein Problem" mit der sich abzeichnenden rot-blauen Koalition. Als Burgenländer kenne er die handelnden Personen, ist Darabos um Abgrenzung zum Hautgout Heinz-Christian Straches bemüht. Im Bund bleibt die Zusammenarbeit für ihn verpönt, im burgenländischen Universum könne sie aber zum "gelungenen Experiment" werden.

Zurückhaltend auch das Urteil der oberösterreichischen Abgeordneten Daniela Holzinger: "Ein Ausschluss der Blauen von vornherein wird die FP nur noch mehr stärken", lässt sie den STANDARD wissen, "bis diese so stark ist, dass sie sich als Großpartei um einen kleinen Koalitionspartner umschaut." Sie hält Niessls "alternative Strategie" für "sinnvoll".

Das braucht man Paul Gludovatz nicht zweimal sagen. Der bekannte Nachwuchs- und einstige Bundesliga-Trainer fand sich im Team der Niessl-Unterstützer ein. Des Landeshauptmanns Vorliebe für die Blauen erklärt er pragmatisch: "Im Fußball muss man seine Taktik auch oft ändern." Niessl wolle seine Arbeit gemäß Wählerwillen fortführen, und "der Hans kann sich das erlauben", auch wenn der "fahle Beigeschmack" bleibe, dass man sich auf dem Parteitag 2014 "klar gegen eine Koalition mit der FPÖ auf allen politischen Ebenen" ausgesprochen habe.

Aufregung, Abgrenzung

Genau das werfen die jungen Roten von AKS bis VSStÖ den Parteifreunden im Südosten vor, sie sind "entsetzt und wütend". Eine Reaktion, die auch den Wienern nicht fremd ist. Bürgermeister Michael Häupl formulierte es in Hinblick auf die bevorstehende Wahl in der Hauptstadt so: "Eine Koalition mit diesen Freiheitlichen ist nicht möglich." Er werde gegen die blaue "Hetzpolitik bedingungslos und mit aller Härte eintreten". Auch sein Landesparteisekretär Georg Niedermühlbichler warnte im STANDARD-Interview vor einer Zusammenarbeit mit den Blauen. Auf Twitter hielt er Niessls Entscheidung für "einen schweren Fehler".

Dem schließt sich auch der frühere EU-Abgeordnete Hannes Swoboda an: "Ich halte das für keine gute Idee." Jetzt könne man nur hoffen, "dass das kein Dammbruch ist", denn "das kann kein Signal auf Bundesebene sein".

Resetarits: "Empfehle Niessl, der FPÖ beizutreten"

Soll es auch nicht sein, sagt jedenfalls der Kanzler. Via "ZiB" hatte Werner Faymann Parteifreund Niessl den Freibrief nur auf Landesebene ausgestellt. Ein Wording, dem viele SPÖler bislang folgen, andere sind vorerst lieber nicht erreichbar. Einer aus Niessls Promiteam hält mit seiner Meinung nicht hinterm Berg: "Wenn ich meine Unterstützung zurückziehen könnte, würde ich das tun", sagt Schauspieler Lukas Resetarits. Und ärgert sich: "Entweder man ist ein Sozialdemokrat oder nicht. Ich empfehle Herrn Niessl, der FPÖ beizutreten."

Niessl: Einigung noch am Wochenende

Niessl selbst ist zuversichtlich gestimmt, dass es noch dieses Wochenende eine Einigung mit der FPÖ geben wird. Nach rund vier Stunden Verhandlungen sagte er der APA, "dass wir in sehr vielen Punkten bereits Konsens gefunden haben und dass es aus heutiger Sicht auch keine Barrieren gibt, die nicht zu überwinden sind".

Nach möglichen Dissenspunkten gefragt, meinte der Landeshauptmann: "Es gibt bis jetzt ausschließlich Konsenspunkte und die Bereitschaft, den Konsens zu suchen und zu finden – und das ist bis jetzt geschehen." (Karin Riss, red, 4.6.2015)