Hans Niessl, Chef der SPÖ Burgenland und Stellvertreter des sozialdemokratischen Parteivorsitzenden Werner Faymann, ist gerade dabei, eine rot-blaue Koalition im Burgenland zu installieren. Damit übergeht er gleich zwei Bundesparteitagsbeschlüsse. 2004 waren sich die Roten einig: Es darf "keine Koalition mit der rechtspopulistischen FPÖ geben". 2014 wurde die Ablehnung "auf allen politischen Ebenen" bekräftigt.

Faymann selbst hat im Lauf seines Schaffens mehrfach gezeigt, dass er die Sache mit der innerparteilichen Demokratie nicht so wichtig nimmt. Statt der bis dahin in Stein gemeißelten Wehrpflicht erklärte er die Einführung eines Profiheers und die Abschaffung der Wehrpflicht – auch im Sinne Michael Häupls – zur neuen Parteilinie. Die Wappler von der Basis wurden dazu erst gar nicht gefragt.

Den sozialdemokratischen Spitzenkandidaten für die EU-Wahl, Eugen Freund, hat Faymann im kleinen Kreis ausgesucht. Nicht einmal langgediente Sozialdemokraten in Brüssel hat er in seine Entscheidung einbezogen. Dass Freund nicht die beste Wahl war, wurde spätestens dann klar, als sich zeigte, dass er von der Lebenswelt der Arbeiterschaft keine Ahnung hat.

Dass das Mandat der verstorbenen Nationalratspräsidentin Barbara Prammer von der oberösterreichischen Landespartei mit einem Mann besetzt wurde – statt mit einer Frau, wie es die Parteistatuten verlangen –, kümmerte den Vorsitzenden nicht weiter. Die nächstgereihte Frau wäre Sonja Ablinger gewesen, eine der schärfsten Kritikerinnen Faymanns. Für Faymann war es, kurzfristig gedacht, kein Nachteil, die streitbare Abgeordnete los zu sein.

Langfristig hat Faymann sich selbst und der Sozialdemokratie massiv geschadet. Dass die Abstimmungsergebnisse der Parteigremien, die Parteistatuten und die Meinung seiner Parteikollegen für ihn keine besondere Relevanz haben, wurde in den sieben Jahren seines Parteivorsitzes immer wieder sichtbar.

Der Chef hat über Jahre hinweg Gremien und Statuten ignoriert. Bis auf nicht besonders rosige Ergebnisse bei seiner Wiederwahl ist das ohne Konsequenzen geblieben. Und Hans Niessl führt nun das fort, womit Faymann jahrelang durchgekommen ist. Eine rot-blaue Regierung im Burgenland ist daher auch das Verdienst von Werner Faymann. (Katrin Burgstaller, 4.6.2015)